Studierende im Seniorenheim

Studierende im Seniorenheim

Eine Altersgruppe gerät in unserer Gesellschaft immer mehr in Vergessenheit: Senioren und Seniorinnen. Die Freiburger Hochschulgruppe „Generation Grenzenlos“ will das ändern und lässt mit ihren Aktionen den Austausch zwischen Generationen aufleben. Auch “Wohnen für Hilfe” bringt Generationen zusammen.

Mittwoch 20 Uhr im 2. Stock des KGI: Hier trifft sich die Hochschulgruppe „Generation Grenzenlos“ regelmäßig, um über anstehende Projekte zu sprechen. Steffen Reuss schreibt den Namen der Gruppe an die Tafel, Nancy Frehse startet ihren Laptop um Protokoll zu führen. Die beiden haben sich im Studium kennen gelernt und sind im Gruppenvorstand. Nancy macht ab Oktober ihren Master in Pluraler Ökonomie. Im Dezember 2017 gründete sie die Gruppe mit dem Ziel, gegen die Vereinsamung im Alter zu kämpfen und verschiedene Generationen zu verbinden.

Der Evangelische Stift Freiburg als Projektpartner

Zu Gast sind heute auch zwei Mitarbeiterinnen des Evangelischen Stifts in Freiburg. Sie besprechen mit den Studierenden weitere Veranstaltungen, für die das Haus Schloßberg, das zum Evangelischen Stift gehört, seine Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stellt. Nancy hatte dort bereits die ehrenamtliche Projektreihe „Café&Kunst“ begleitet und dabei erste Kontakte für die jetzige Zusammenarbeit geknüpft. Das Ziel der Studierenden ist es, einen Rahmen für die Begegnungen zwischen Alt und Jung zu schaffen.

„Viele Menschen im Rentenalter haben nicht nur keinen Kontakt zu Studierenden, es fehlt oft auch der Anschluss zu anderen Generationen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Seniorinnen und Senioren wirklich irgendwie in Vergessenheit geraten sind“, beschreibt Nancy ihre Motivation hinter dem Projekt. Deswegen richten sich ihre Aktionen nicht nur an Studierende, sondern an Menschen aus allen Altersklassen.

Viele alte Menschen leben allein

Schon 2013 gehörte in Deutschland laut dem Bundesamt für Statistik etwa jeder Fünfte zur Generation 65 plus – Tendenz steigend. Ein Drittel davon lebt allein in einem Einpersonenhaushalt und läuft so Gefahr, sozial isoliert zu werden. Vor allem Frauen, die eine allgemein höhere Lebenserwartung haben, erleben oft, dass ihr Partner stirbt und sie daraufhin auf sich allein gestellt sind. Auch mit diesen Aspekten des Themas beschäftigt sich die Hochschulgruppe. Im kommenden Wintersemester will sie Gastdozierende an die Universität in Freiburg einladen, um noch mehr Menschen über die Probleme der älteren Generation zu informieren.

Doch das Engagement der Studierenden fängt schon im Kleinen an, denn sie setzen sich auch viel mit Vorurteilen auseinander: „Was wir gelernt haben, ist Vorurteile auszusprechen. Es gibt übrigens viele alte Menschen, die gerne laut Musik hören, haben wir herausgefunden“, sagt Nancy.

Den Dialog suchen

Solche Vorurteile werden auch bei den gemeinsamen Spaziergängen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Evangelischen Stifts angesprochen. Ein Spaziergang hilft nicht nur den Studierenden, ihren meist stressigen Alltag zu entschleunigen, sondern bietet auch den Senioren und Seniorinnen die Möglichkeit ihre Lebenserfahrung weiterzugeben. „Sie erleben außerdem etwas und kommen raus aus ihrem Wohnbereich. Das Gespräch mit den Studierenden ist ihnen ganz wichtig, das tut ihnen gut“, freut sich Elisabeth Schuler- Ehret, Leiterin der sozialen Betreuung im Haus Schloßberg.

Frau Ueffing ist 85 Jahre alt, wohnt im Betreuten Wohnen des Evangelischen Stifts und hat auch 6 Wochen im dazugehörigen Pflegeheim verbracht. Dort ist sie auch zum ersten Mal mit den Studierenden spazieren gegangen. „Ich habe das genossen, das war so ein schöner Tag. Das war wirklich ein ganz tolles Erlebnis. Und dann habe ich das öfter gemacht“, erzählt sie und ist begeistert von dem Engagement und der Fürsorge der Studierenden.

Bisher hat sich in der Zusammenarbeit der Sonntagsspaziergang mit den Bewohnern etabliert, es gab aber auch schon einen Spielenachmittag in der Cafeteria des Stifts. Diesen hat Christiane Mihm, Leiterin der Begegnungsstätte, mit organisiert. „Wir haben im Nachgang festgestellt, dass manche sich jetzt wieder mal so zum Spielen getroffen haben. Sie waren sehr angetan und werden auch sicher wiederkommen, wenn wir so etwas wieder anbieten.“ Die Hochschulgruppe will noch weitere Projekte organisieren wie einen Lese- oder Musikkreis und eine offene Kunstwerkstatt.

Zwangloses Miteinander statt Pflichtgefühl

Bei den Veranstaltungen ist es Nancy wichtig, dass sich die Teilnahme für keinen wie ein verpflichtendes Ehrenamt anfühlt und alle die gleiche Motivation und Freude mitbringen. Die „Generation Grenzenlos“ trägt sich nun als gemeinnütziger Verein ein und eröffnet ein Spendenkonto, mit dem man die Initiative unterstützen kann. Doch sie sind auch auf der Suche nach neuen Mitgliedern.

„Viele Leute haben Interesse und finden es toll, aber wenn es dann an die konkreten Planungen geht, wird es schwierig, weil man Zeit investieren muss“, sagt Nancy. Wenn man zuhause sitze und sich gute Gedanken mache, könne man aber nichts ändern. Man müsse die Gedanken auch umsetzen.

Wer Lust hat, Frau Ueffing und die Gruppenmitglieder bei ihrem Spaziergang zu begleiten, kann dies jeden Sonntag um 15 Uhr bei einer Runde durch den Stadtpark tun. Die Aktionen der Hochschulgruppe sind für alle Altersgruppen offen und es ist keine Anmeldung nötig.

Welche Geschichten haben Seniorinnen und Senioren zu erzählen? Das wollten Studierende herausfinden und haben die Hochschulgruppe Generation Grenzenlos gegründet. Drei Studierende der Medienkulturwissenschaft waren bei einem Sonntagsspaziergang mit den Bewohnern des Evangelischen Stifts in Freiburg dabei und haben genau hingehört.

Wohnen für Hilfe

Projekte wie „Wohnen für Hilfe“ haben das Potenzial Beziehungen zwischen jungen und älteren Menschen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Familie zu fördern.


 

Info

Wer sich auch engagieren möchte oder noch Fragen hat, kann sich direkt an die Hochschulgruppe wenden:

Generation Grenzenlos

Wo: Zimmer 1231 im KGI (Raumänderungen im neuen Semester vorbehalten)

Wann: jeden Mittwoch 20 Uhr

E-Mail: generationgrenzenlos@gmail.com

Facebook: facebook.com/GenerationGrenzenlos

Wer Lust hat an einem Spaziergang teilzunehmen kann einfach hier vorbeikommen:

Wo: Treffpunkt im Haus Schloßberg

Wann: jeden Sonntag 15 Uhr

Hermannstraße 14, 79098 Freiburg im Breisgau

Website: www.das-stift.de

Wer noch auf der Suche nach einem Zimmer ist und gerne mehr Kontakt zu älteren Menschen hätte, wird hier fündig:

Wohnen für Hilfe: www.swfr.de/wohnen/wohnen-fuer-hilfe

Mehrgenerationenwohnen: www.freiburg-fuer-alle.de

Mehr Infos zur Generation 65+ vom Bundesamt für Statistik findet ihr hier: www.destatis.de/DE/PresseService

Eine Gemeinschaftsproduktion von Justine Hanninger, Julia Weitz und  Maria Eisinger (Foto) im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Andreas Nagel

Veröffentlicht am 12. Dezember 2018

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