Album der Woche: Watsky – Complaint

Album der Woche: Watsky – Complaint

Der Rapper George Watsky war anfangs nur bekannt durch das Video „Pale kid raps fast“. Mit der Zeit hat sich aber eine treue Fanbase um den Rapper und Dichter aus San Francisco gebildet. Knapp zehn Jahre nach dem Video, ist diese Anhängerschaft noch größer geworden, die Musik hat sich im Kern aber nicht verändert. Es geht immer noch um Liebe, gute Zeiten, Zusammensein und ganz normale Probleme, verpackt mit viel guter Laune, Wortspielereien und einer Balance zwischen Reflektiertheit und Selbstironie, die Watsky einfach unfassbar liebenswürdig macht. Das ist auch auf dem fünften Studioalbum Complaint gleichgeblieben.

Während Watskys letzte Projekte immer mehr Bandeinlagen mit Rock- und Soulmelodien hatten, rudert das neue Album soundmäßig wieder etwas zurück. Zwar gibt es immer noch viele E-Gitarren- und Pianomelodien, aber generell ist das Klangbild moderner geworden: Mehr Stimmbearbeitung, breitere Synthesizer, 808-Bässe und stärkere Pop Einflüsse. Das ist beim ersten Hören etwas überraschend und manchmal auch verwirrend, funktioniert aber nach ein paar Replays wunderbar. Complaint orientiert sich auch mit seiner Tracklist eher am aktuellen Trend, Alben kürzer zu halten. Mit nur neun Anspielstationen und einer Spielzeit von 28 Minuten, ist das Projekt beinah dreimal so kurz wie Watskys letztes Release X Infinity. Das Ganze schadet dem Album aber gar nicht, eher das Gegenteil ist der Fall und man wird schneller mit den Songs warm. Außerdem hat auch Complaint wie jeder seiner Vorgänger eine enorme Menge an Text, die der Rapper oft in melodischen Doubletime Passagen über die Beats spuckt, oder mit seiner charakteristischen Stimme einsingt.

Besonders heraus sticht der Opener des Albums „Welcome To the Family“, auf dem Watsky dafür plädiert, sich offener anderen gegenüber zu präsentieren, aber auch persönliche Töne anschlägt. Seine Welttour steht ebenfalls unter dem Titel des Liedes und breitet so die Bedeutung weiter auf uns als Zuhörer aus. Wir sind ein Teil der Familie. Was bei anderen Künstlern wahrscheinlich extrem kitschig wirken würde, ist bei Watsky einfach glaubwürdig und sympathisch.

Mit dem neuen Album hat sich Watsky zum Ziel gesetzt, etwas zu erschaffen, das inhaltlich seiner bisherigen Diskographie treu bleibt, aber klangmäßig neue Wege geht. Ein Album, das perfekt für Roadtrips geeignet ist. Das ist zum Großteil sehr gelungen, das Album verfolgt eine klare Route und hat eigentlich keine unnötigen Stationen. Mal rast Watsky knapp über dem Tempolimit über die Instrumentals, an anderen Stellen lässt er uns nachdenklich aus dem Fenster gucken. Ab und zu wünscht man sich, dass der Wagen ein bisschen von seiner Spur ausweichen würde und neue Wege einschlägt, aber für die meiste Zeit sitzt man einfach glücklich auf der Rückbank und freut sich, dass man so einen talentierten Fahrer hat.

von Paul Stümke

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 15.01.2019, ab 19.00 Uhr

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Veröffentlicht am 15. Januar 2019

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