Album der Woche: Die Goldenen Zitronen – More Than A Feeling

Album der Woche: Die Goldenen Zitronen – More Than A Feeling

Die Goldenen Zitronen sind schon seit fast 50 Jahren dabei. Angefangen haben sie mit Punk doch dabei blieb es nicht. Das neueste Album More Than A Feeling ist ein weiteres Werk in der Geschichte der Band und zeigt, wie feinfühlig die Hamburger ihre krautigen Wurzeln in neue Genre umtopfen.

Punk ist schon lange aus dem Mainstream verbannt, wenn er denn jemals drin war. Die Goldenen Zitronen sind auch nicht unbedingt Chartmaterial, aber sie binden sich nicht an ihren ursprünglichen Sound, sondern entwickeln ihre Soundfarbe von Album zu Album weiter.

In ihrer Frühphase in den Siebzigern galten sie als Vorreiter der Hamburger Schule. Nun greifen sie auf Synthiesounds zurück die uns, seit der Rückkehr der Achtziger Jahre in den Mainstream, im Indiepop tagtäglich begegnen. Das schafft natürlich Komfortzonen, die Punk allein nicht bieten kann und macht die Musik auch weniger krautaffinen Hörenden zugänglich. Ihre Wurzeln leben vor allem in ihren Texten weiter. Das Werk strotzt nur so vor Gesellschaftskritik und linken Einflüssen.

Schon der erste Track “Katakombe” greift den Albumtitel sinngemäß auf. Der Song kritisiert die Emotionalisierung von Debatten, die eigentlich rational und, vor allem, faktisch geführt werden sollten. “Mauern Bauen (Testweise)” nimmt die deutsche Asylpolitik und Leitbegriffe wie ‘Leitkultur’ auseinander, die so gut wie nie inhaltlich gefüllt werden. Das allein wird den Dimensionen des Werks aber nicht gerecht.

Niemand macht den Goldenen Zitronen was für. Wir würden uns alle in den Rollen, die wir eh schon ausfüllen, wohl fühlen. Medien würden nur das reproduzieren, was von ihnen erwartet würde. Das sagt der Track “Die alte Kaufmannsstadt, Juli 2017” aus, der die Geschehnisse des G20 Gipfel nachzeichnet. Im Song war alles vorgeplant. Jede und Jeder nahm nur die entsprechende Rolle ein, in der Erwartung, etwas ändern zu können das schon lange feststand.

Diese düstere Message wird von Sänger Schorsch Kamerun meist in Spoken Word-Manier über teils psychedelischen Postpunk gesprochen, immer wieder durchsetzt mit disharmonischen Instrumentals, wie bei “In der Schleife”. Das Ganze hätte leicht in einem nihilistisch-deprissiven Fickfest enden können, der Sound bewahrt einen aber doch vor diesem Abgrund.

von Farina Kremer

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 12.02.2019, ab 19.00 Uhr

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Veröffentlicht am 18. Februar 2019

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