Die Nerven im Interview

Die Nerven im Interview

Am Sonntag spielten Die Nerven ihr erstes Konzert des Jahres im Waldsee. Wir haben vor dem Gig mit Bassist und Sänger Julian Knoth und Drummer Kevin Kuhn gesprochen. Unter anderem ging es um die Produktion des aktuellen Albums Fake und warum sie in ihren Texten nicht gerne de Zeigefinger erheben.

Mit Fake habt ihr im letzten Jahr euer viertes Album in sieben Jahren veröffentlicht. Die Resonanz, die ihr bekommen habt, wurde mit jedem Album größer. Habt ihr euch inzwischen daran gewöhnt, euer Leben als professionelle Musiker zu verbringen, oder fühlt sich das immer noch neu an?

Kevin Kuhn: Wir sind ja jetzt schon eine Weile verhältnismäßig professionell unterwegs. Ich würde sagen ja, wir haben uns daran gewöhnt.

Julian Knoth: Ich denke wir sind da über die Jahre reingewachsen. Und wir sind auch eigentlich immer noch mit den gleichen Leuten unterwegs wie am Anfang. Freunden von uns, die mit auf Tour gefahren sind um zu helfen sind mittlerweile Tour-Manager, machen das Licht und so weiter. Deswegen ist alles sehr freundschaftlich, familiär und fühlt sich jetzt auch nicht neu oder fremd an, einfach weil die Basis so vertraut ist.

Seit einiger Zeit wohnt ihr in unterschiedlichen Städten, nur Julian hat es noch in der alten Heimat Stuttgart gehalten. Das hat euer Dasein als Band schon aus praktischen Gründen nicht gerade einfacher gemacht. Wie hat sich der Prozess, zusammen als Trio Songs zu schreiben, dadurch verändert?

Kevin: Das war schon eine ganze Weile gegeben. Auch schon bevor wir Fake aufgenommen haben, hat Max [Rieger, Gitarrist und Sänger Anm. d. Red.] in Leipzig gewohnt. Und dann nimmt man sich halt mal eine Woche Zeit und trifft sich. Dadurch, dass wir auch in Stuttgart keinen festen Raum hatten, hat sich gar nicht so viel verändert.

Julian: Aus praktischen Gründen haben wir uns dann vor einem halben Jahr entschieden, alles nach Berlin zu verlegen, wo ich dann einfach zu Max und Kevin dazukommen kann. Das werden wir dann auch in Zukunft wieder so machen.

Auf Fake öffnet ihr euch, was das Songwriting angeht, noch einmal ein Stück mehr dem Pop. Trotzdem behaltet ihr zum größten Teil die minimalistische Instrumentierung aus Gitarre, Bass und Drums bei. Wird es jemals ein Die Nerven Album geben, auf dem zum Beispiel Synthies eine dominante Rolle spielen?

Kevin: Ja, wird es bestimmt mal geben…

Julian: Ich will mal nichts ausschließen… aber das nächste wird es wahrscheinlich noch nicht sein.

Diese etwas andere Herangehensweise beim Songwriting hat auch dazu geführt, dass Fake im Vergleich zu den anderen Alben ein Stück weiter weg ist von eurem Live-Sound. Funktionieren die neuen Songs auf der Bühne für euch trotzdem so gut wie die Alten?

Julian: Fake war das erste Album, wo wir gesagt haben, wir wollen diesen Live-Sound gar nicht unbedingt einfangen, wollen noch Overdubs machen und so weiter. Wenn man im Publikum dabei ist, nimmt man auf einem Konzert auch immer Sachen wahr, die im eigentlichen Sound gar nicht da sind und sich so in Zwischenräumen abspielen. Und diese Räume, Dinge wie Licht, Ambiente, die Wärme im Raum, die Besucher um einen herum, oder die Lautstärke. Das fällt natürlich alles weg, wenn man eine Platte aufnimmt und dabei versucht, den Live-Sound einzufangen. Und ich finde, dadurch, dass Fake einige mehr Gitarren- und Percussion-Overdubs hat, ist das, was bei anderen Alben vielleicht gefehlt hat jetzt eben dafür mit anderen Dingen gefüllt.

Auf euren Alben setzt ihr euch meistens kritisch mit gesellschaftlichen Themen auseinander, ohne dabei aber wirklich explizit politisch zu werden. War es euch als Band, die ihre Wurzeln im Punk hat nie wichtig, in euren Texten zu politischen Themen klar Stellung zu beziehen?

Julian: Nein. Mich hat das nie interessiert, weil ich es selbst nicht mag, wenn mir jemand Sachen vorschreibt. So etwas kippt schnell in eine Richtung, wo es so einen Zeigefinger-Duktus hat. Ich finde es da eher reizvoll, beim Texten das zu beurteilen, was ich auch wirklich beurteilen kann: Was diese politische Stimmung mit mir selbst macht.

Das Interview führte Jonas Hägele

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Veröffentlicht am 19. Februar 2019

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