Album der Woche: Weyes Blood – Titanic Rising

Album der Woche: Weyes Blood – Titanic Rising

Das dritte Studioalbum der Sängerin Weyes Blood liefert den perfekten Soundtrack für das Bild, das der Name Titanic Rising heraufbeschwört: Ein uralter Koloss, der sich durch die schwerelose Dunkelheit zurück Richtung Wasseroberfläche erhebt. Bedrückend und trotzdem hoffnungsvoll. Monumental und intim zugleich.

Weyes Blood, die mit bürgerlichem Namen Natalie Mering heißt, mischt für ihr jüngstes Projekt ihre Erfahrung aus einem Renaissance-Chor mit ihrer Liebe für Popkultur der Siebziger und Achtziger und der Sorge über steigende Meeresspiegel. Und wenn man sich auf Pathos und bewussten Kitsch einlässt, entpuppt sich Titanic Rising als ein kleines Meisterwerk.

Das Album lebt von seiner Atmosphäre. Der nostalgische Avantgarde-Sound wird in barocke Chöre und verträumte Streicher gebettet. Dezent eingestreute Hintergrundgeräusche und dissonante Synthesizer geben das Gefühl, in einem Horrorstreifen aus den Achtzigern gefangen zu sein. Dazu trägt auch bei, dass die Songs auf Titanic Rising fast nie Stille erlauben. Merings hallende Stimme wird lang über die Rhythmusgruppe gezogen, die Töne über Takte hinweg ausgehalten. In ihren Texten setzt die Sängerin einen wichtigen Schwerpunkt auf den Klimawandel und die Bedrohung ihrer Heimatstadt Los Angeles, die durch die Erderwärmung in einigen Jahren unter Wasser stehen könnte. Auch das Albumcover, auf dem Natalie Mering in ihrem überfluteten Kinderzimmer taucht, spielt darauf an.

Der Song „Movies“ ist das musikalische Herzstück des Albums. Der Sound bewegt sich irgendwo zwischen Requiem und Space Opera. Pulsierende Synthesizer und sphärische Chöre ziehen die Hörer immer weiter Richtung Oberfläche bis ins Licht. Auf acht Songs komprimiert liefert Weyes Blood ein durchgestyltes, einheitliches Album. Dabei macht Natalie Mering auf Titanic Rising nichts neu, aber dessen ist sie sich voll bewusst. Sie schreibt hier Lieder, wie sie vor fünfzig Jahren schon gespielt wurden. Dazu bezeichnet sie sich als nostalgische Futuristin: Sie lässt die alte Musik wieder aufleben und nimmt ihre Hörerinnen und Hörer mit in die Zukunft.

von Max Keefer

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 09.04.2019, ab 19.00 Uhr

Autoren:
Veröffentlicht am 10. April 2019

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