Album der Woche: Loyle Carner – Not Waving But Drowning

Album der Woche: Loyle Carner – Not Waving But Drowning

Einen erfolgreichen Nebenverdienst zu haben, gehört unter Hip-Hop Künstler*Innen schon fast zum guten Ton. Sido hat ein eigenes Tattoostudio, Kanye West ist der Designer hinter einer der erfolgreichsten Modekollektionen der Welt. Der Londoner Rapper Loyle Carner besitzt eine eigene Kochschule mit dem Namen „Chili con Carner“. Dort bringt er Kindern mit ADHS bei, wie man sich leichter konzentrieren und beruhigen kann. Eine ähnlich therapierende Wirkung hat auch sein musikalisches Schaffen. Am Freitag veröffentlichte Carner sein neues Album Not Waving, but Drowning.

Klanglich bleibt sich Loyle Carner treu und rappt weiterhin auf ruhigen Oldschool-Beats. Die Akkorde werden von elektronischen Orgeln gespielt, die Samples sind alten Jazzstandards entnommen. Dabei schafft es Carner jedoch jedes einzelne Instrumental unterschiedlich klingen zu lassen. So werden diese nicht nur von klassischen Boombap-Drums unterlegt, sondern auch immer wieder von 808s, wie beispielsweise auf dem Song “Desoleil”. Auf Kripsy verzichtet Carner dann komplett auf Drums und lässt ein melancholisches Pianomotiv die Stimmung des Songs bestimmen. Das Album erhält so eine entspannende, ruhige Grundstimmung.

Ein Album zum Nebenherhören ist Not Waving, but Drowning allerdings nicht. Carner zeigt auf seinen 15 Tracks seine Fähigkeit ernste Angelegenheiten mit großer Leichtigkeit zu verarbeiten. Schon auf dem Albumopener „Dear Jean“ beichtet er seiner Mutter, dass eine neue Frau in sein Leben getreten ist, er sie aber weiterhin liebt. Auf Loose Ends beschäftigt er sich mit dem Tod seines Vaters, auf Krispy mit dem eines guten Freundes. Carner schafft diese Songs mit einer immensen Ruhe rüberzubringen. Es wirkt fast so als würde er die Zuhörerinnen und Zuhörer direkt ansprechen und ihnen von seinen Problemen berichten.

Not Waving, but Drowning zeigt, dass Loyle Carner mehr ist als nur ein weiterer Jazz-Rapper, der Musik für entschleunigte Sonntage und lange Lernsitzungen macht. Er schafft es auf seinem zweiten Album emotional schwierige Thematiken mit ruhigen Klangbildern zu verbinden und liefert so ein angemessenes Äquivalent zu den therapeutischen Ergebnissen seiner Kochschule.

von Jan Knoeferl

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 16.04.2019, ab 19.00 Uhr

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Veröffentlicht am 23. April 2019

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