Album der Woche: Big Thief – U.F.O.F.

Album der Woche: Big Thief – U.F.O.F.

Als die amerikanische Folk-Rock Band Big Thief ihr 2016 erschienenes Debütalbum Masterpiece betitelten, war das vielleicht noch etwas voreilig. Spätestens mit ihrem dritten Album U.F.O.F. wird die Band dem Titel aber gerecht – und auch den vielen Vorschusslorbeeren, mit denen sie seit Jahren aus der Indie-Presse überhäuft werden.

Mit dem Opener „Contact“ beginnt U.F.O.F. schon fast provokant unspektakulär. Sanfte Akustik-Gitarren und Drums, die mehr gestreichelt als geschlagen werden, verleihen dem Song eine Aura der ruhigen Melancholie – bis der Track dann im letzten Drittel aufbricht und von heulenden E-Gitarren in ganz andere Sphären gehoben wird.

Es ist einer der auffälligsten Momente des Albums und einer von ganz wenigen, in denen Frontfrau und Songwriterin Adrianne Lenker ihren Bandkollegen das Scheinwerferlicht überlässt. Deren eigenwillige Lyrics und Vocals bleiben auch auf U.F.O.F. Big Thiefs größte Alleinstellungsmerkmale.

Lenker hat die Fähigkeit, präzise Klangbilder mithilfe der subtilsten Melodiebögen und den mikroskopischsten Änderungen ihrer Stimmlage aufzubauen und genauso schnell wieder einzureißen. So haftet dem Album etwas Flüchtiges und schwer Greifbares an, das sich auch damit erklären lässt, dass große Teile von U.F.O.F. sehr spontan im Studio entstanden sind.

Diese übernatürliche Aura des Flüchtigen setzt sich in den Texten des Albums fort. Thematisch zieht sich eine neugierige Faszination mit dem Unbekannten und Fremdartigen durch das gesamte Album, aber auch eine mythische Überhöhung von alltäglichen Gefühlen. Besonders deutlich wird dies im Titeltrack: U.F.O.F. steht nämlich für Ufo-Friend – der Gedanke einer außerirdischen Invasion ist für Adrianne Lenker offenbar kein Grund zur Furcht, sondern viel eher zur Sehnsucht.

In ihren Texten zielt Lenker also auf die Übernatürlichkeit im Alltäglichen ab. Dabei ist es der minimalistische Folk-Rock der Band, der das Album erdet, und ihm bei aller Mystik eine spielerische Leichtigkeit verleiht. Zumindest meistens, denn in dem umwerfenden vorletzten Track „Jenni“ sind es laute, verzerrten Gitarren, die einen klanglichen Kontrast zum Rest des Albums setzen. Währenddessen singt Adrianne Lenker mit einer Vorahnung, von der man nicht genau sagen kann, ob sie düster oder optimistisch ist, von der titelgebenden Jenni.

Der Track ist eines der Highlights des Albums und zeigt, dass Big Thief nicht nur das Projekt einer großartigen Songwriterin ist, sondern eine Band, die im Verlauf der letzten drei Alben zu einer organischen Einheit zusammengewachsen ist.

von Jonas Hägele

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 07.05.19, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

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Veröffentlicht am 8. Mai 2019

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