Album der Woche: Injury Reserve – Injury Reserve

Album der Woche: Injury Reserve – Injury Reserve

Vier Jahre ist es her, da veröffentlichte das Trio Injury Reserve aus Arizona „Live From the Dentist Office“ – ein über die einschlägigen Kanäle vertriebenes Gratis-Mixtape, das, wäre es bei einem Label erschienen, sicher eines der besten HipHop-Alben seines Jahrgangs gewesen wäre. Nun folgt mit Injury Reserve ihr Debüt im Langformat.

Ähnlich wie bei Joey Bada$$ folgte die vertraute Mär der Digitalära: Pitchfork-Hype, Welt-Tournee und schließlich das Signing für ein Albumdebut. Anders aber als Joey Bada$$, dem quasi zeitgleich mit der Unterzeichnung des Deals seine ästhetische Integrität abhandenkam, beugen sich Injury Reserve in keiner Weise den Konventionen des Mainstreams. Das stellt bereits „Koruma & Lime“, der Opener der Platte, klar.

Der Label-Deal war offenbar nicht nur in finanzieller Hinsicht ein Glücksgriff für Injury Reserve. Er eröffnete auch Kontakte zur Szene, die sich nun namhaft auf dem Album tummeln. Neben Gastauftritten geistesverwandter Acts (u.a. Aminé, JPEGMAFIA, Cakes da Killa) konnte auch Freddie Gibbs gewonnen werden, der mit seinem Gangster-Rap-Gestus thematisch zwar den Elefanten im Porzelanladen gibt, sich mit seiner Bariton-Stimme aber grandios einfügt.

Während diskursiver Rap heute zu oft auf konservative Jazz-Beats gebettet wird, zeigen Injury Reserve wie Conscous-Rap im Jahr 2019 zu klingen hat: intelligent, aggressiv, desillusioniert (am besten alles zugleich). Egal ob Oberflächlichkeiten der Mode-Industrie angeprangert werden („Jawbreaker“) oder ob die Entstehung eines Rap-Tracks in Einzelschritte fragmentiert wird („Rap Song Tutorial“) – Das Ergebnis klingt stets frisch und authentisch. Wie auch schon auf „Live From the Dentist Office“ flacht die Dynamik des Albums gegen Ende sukzessive ab, bis schließlich quasi-beatlose Rap-Meditationen über Freundschaft, Familie und Liebe übrig bleiben. Es ist auch dieser unbedingte Mut zur Verletzlichkeit, der Injury Reserve zu einem der spannendsten Rap-Projekte der Gegenwart macht.

von Julian Tröndle

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 21.05.19, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

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Veröffentlicht am 21. Mai 2019

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