Irgendwie Indieparty….

Irgendwie Indieparty….

Am vergangenen Wochenende fand nach eineinhalb Jahren Pause wieder das Ahoii-Festival im Jazzhaus, Waldsee und The Great Räng Teng Teng statt. Renommierte Indie-Künstlerinnen und Künstler gaben sich vier Tage lang die Klinke in die Hand. Die uniFM-Musikredaktion hat die insgesamt acht Gigs aufmerksam verfolgt.  

Halb zehn am Donnerstagabend war es, als die drei Ruhrpottler von International Music sich aus dem hinteren Bereich des Rängs auf die kleine Bühne kämpftten. Ausverkauft war das Konzert nicht, aber das machte auch nichts, denn der kleine Stehbereich vor der Bar war eh schnell voll und Zigarettenrauch füllte die letzten Lücken. Die Band hatte das Konzert ohne großen Vorlauf begonnen und von Anfang an zumindest die vorderste Reihe des Publikums überzeugt – das ist eh fast der ganze Raum.

Die Setlist hält sich sehr an die Reihenfolge der Tracks auf ihrem Debütalbum „Die besten Jahre“. Sie wollten mal ausprobieren, ob das funktioniert… Das tut es, nach spätestens zwei Songs krautigem Indierock, war die Luft noch stickiger und auch der letzte Kopf in der Crowd nickte zum Takt. Alle 17 Songs des Albums schaffen es aber dann doch nicht auf die Bühne, trotzdem ist eine Zugabe drin, International Music ist der einzige Act an diesem Abend. Die für Freiburger Verhältnisse recht knackigen 17,20 Euro Eintritt haben vielleicht dafür gesorgt, dass der Laden nicht voll wurde, aber keiner der Anwesenden sah aus, als hätten sie den Ticketkauf bereut.

 

Der zweite Tag des Ahoii-Festivals begann mit dem deutschen Trio „das Moped“. Ihr seichter deutschsprachiger Gitarren-Pop, der textlich auch in die Neue Deutsche Welle passt, sorgte für einen netten Auftakt, auch da der Sänger gut aufgelegt war und mit Lob für das Publikum, die Stadt und die anderen Bands nicht sparte. Ihr Lob für die nächste Band, Neufundland, ging so weit, dass sie sogar als Abschluss „Viva la Korrosion“ von Neufundland coverten und so für einen passenden Übergang sorgten.

Neufundlands Konzert begann dann mit hartem Indie-Rock, am Ende wurde deutsch-Pop performt, der zwischendurch auch durch einen Synthesizer verstärkt wurde. Die Band aus Köln zeigte so Musik aus verschiedensten Stilrichtungen, doch so richtig Stimmung wollte aber bei ihrem Teil des Konzerts nicht aufkommen. Die Band musste das Publikum gar auffordern nah an die Bühne zu kommen. Vielleicht lag es daran, dass Neufundlands Songs nicht so richtig tanzbar waren, vielleicht auch daran, dass es nicht mal hundert Menschen im Jazzhaus waren, und deswegen auch sehr leer. An der Band lag es nicht, denn die und vor allem der Sänger, haben versucht gute Laune zu verbreiten.

Nicht ohne mein Hackbrett!

Den Platz in der Halle genutzt hat dann Impala Ray, der nächste und vorletzte Künstler des Abends. Gemeinsam mit seinen drei Instrumentalisten zog er in den Zuschauerbereich und hat dort mit drei „unplugged“-Versionen seiner Songs seinen Auftritt begonnen. So entstand eine intime Atmosphäre, die auch als sie danach wieder auf die Bühne zurückkehrten nicht verschwand. Auch danach band Sänger „Ray“ Gärtner die Zuschauer auch weiterhin in das Konzert ein, mit Mitsing und Tanz-Aktionen. Das klingt vielleicht klischeehaft, funktionierte an dem Abend aber bestens. So sorgte er endlich für gute Stimmung. Zusätzlich zeigte Impala Ray so, dass seine Musik live deutlich besser klingt als in der Studio-Version. Die Songs profitierten von einer Reduzierung auf Gitarre, Tuba, Hackbrett und Drums, denn sie klangen so klarer und nicht mehr so überproduziert wie in der Studio-Version.

 

Von dieser guten Stimmung profitierte auch die letzte Band, das Elektro-Pop-Trio aus Berlin und Luxemburg, Say Yes Dog. Und sie nutzten die auch aus, in dem sie mit Girlfriend beginnend, direkt ihre tanzbarsten Songs performten. Unterstützt wurden sie dabei von einer kleinen textsicheren Groupie-Gruppe in der ersten Reihe. Zwar wirkten die drei Bandmitglieder auf der Bühne eher ruhig und fast schon schüchtern, das änderte aber nichts an der guten Stimmung. Jedoch kam es zu Längen im Mittelteil ihres Auftritts und erste Müdigkeit war kurz vor Mitternacht zu bemerken. Doch am Ende war das Publikum begeistert vom Auftritt, und so sah sich die Band noch zu einer Zugabe gezwungen.

Insgesamt war der Freitag ein Steigerungslauf, was teilweise mit dem Interesse der Zuschauer zu tun hatte. Insgesamt dauerte das Konzert Vier-ein-halb Stunden, also haben die Bands genügend Zeit gehabt, und die Umbaupausen dazwischen waren kurz. 

Herzloser Indie

Den Anfang am Samstag machte die Hamburgerin Ilgen Nur. Ihre Aufgabe war sicherlich eine undankbare: Die wenigen Gäste, die zu Beginn ihres Auftritts um 19.30 Uhr bereits den Weg ins Jazzhaus gefunden hatten, hatten die – relativ hoch angesetzten – 26 Euro Eintritt bestimmt nicht in erster Linie investiert, um Ilgen Nur zu sehen.  Aber selbst die konnte die Indie-Rock Künstlerin kaum auf ihre Seite ziehen.

Dabei gab es musikalisch an dem Auftritt nichts auszusetzen: Ihr sympathisch-miesgelaunter Indie-Rock funktioniert live wirklich gut. Dieser positive Eindruck wurde von ihrer sehr offen zur Schau getragenen Null-Bock-Attitüde aber ziemlich heruntergezogen – Interaktion mit dem Publikum oder eine lebendige Bühnenpräsenz waren Fehlanzeige. So war es wenig verwunderlich, dass dann auch auf den Punkt genau nach einer halben Stunde Schluss war und Ilgen Nur ihre Setlist spontan sogar um einen Song verkürzt hatte.

 

Nach diesem eher durchwachsenen Auftakt ging es weiter mit Stuttgarter Indie-Pop von der Band Rikas. Stilmäßig bewegen sich die Jungs irgendwo zwischen Mac Demarco, den Beach Boys und Koksparties im Miami der 80er. Dieser Stilmix ist jetzt nicht gerade anspruchsvoll oder neuartig, funktioniert live aber deutlich besser als auf Platte. Das vor allem auch, weil Rikas hochmotiviert waren und Bock hatten zu spielen. Von Anfang an übertrug sich die gute Laune der Band auf das Publikum. Der für sich stehend vielleicht etwas dröge Indie-Pop der Bands wurde immer wieder angereichert mit liebenswerten Druffi-Ansagen, ausschweifenden Gitarren-Soli und dilettantischen Synchron-Tänzen. Das Publikum war so angetan von Rikas, dass es lautstark eine Zugabe forderte, die aber aufgrund von Kid Simius bevorstehendem Auftritt nicht gegeben werden konnte.  

Wenn die Kuhglocke läutet

Kid Simius setzte den beiden vorausgegangenen Acts die Krone auf. Seine Genremischung, die sich irgendwo zwischen LCD Soundsystem und elektronischem Dancehall bewegt, performten der Spanier und seine zwei Bandkollegen vollständig live. Die ganze Bühne war zugebaut mit Synthesizern, die von klassischen Instrumenten wie Schlagzeug, Bass und Gitarre unterstützt wurden. Diese ergänzte Simius gelegentlich durch eine Kuhglocke, eine Melodika oder ein Theremin. Das Publikum war von dieser musikalischen Reizüberflutung so dermaßen begeistert, dass nach spätestens 10 Minuten alle am Tanzen waren. Auch Kid Simius sprang mit größtem Pathos auf der Bühne umher. Als er dann noch erwähnte, dass er aus Freiburgs Partnerstadt Granada kommt, waren sämtliche Herzen dahingeschmolzen. Kid Simius Mischung aus spanischem Temperament und elektronischen Klängen sorgte also für einen gebührenden Abschluss eines musikalisch vielfältigen Abends.         

Einen ausführlichen Bericht zum Festival sowie das Interview mit International Music hört ihr in unserem Soundcheck am 21.05.19, ab 19.00 Uhr!

Und so sah’s aus:

Text: Jonas Hägele, Jan Knöferl, Farina Kremer, Luca Biever; Fotos: Maximilian Heß, Jan Knöferl, Luca Biever
Autoren:
Veröffentlicht am 21. Mai 2019

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