Album der Woche: Mattiel – Satis Factory

Album der Woche: Mattiel – Satis Factory

Retro ist anstrengend omnipräsent. Mittlerweile wünscht man dem Trend mit jeder vergangenheitsverliebten Neuerscheinung einen schnellen Tod herbei. Auch Mattiel errichten ihre musikalische Karriere seit dem Debut 2018 auf der rückwärtsgewandten Nostalgie. Jetzt liefern sie ein zweites Studioalbum, das selten konsequent die digitale Gegenwart ignoriert. Um so überraschender ist es, dass Satis Factory trotzdem unterhalten kann.

Vom ersten Akkord bis zum letzten Fade-out ist Satis Factory eine Liebeserklärung an Blues und Country der späten 50er, inspiriert von der Plattensammlung der Eltern, die voll war mit Bob Dylan, den Beatles und Donovan.  Angezerrte Westerngitarren und noisige Drums bestimmen den Sound. Die Musik klingt beige, ohne dabei staubig zu wirken. Das liegt neben den energiegeladenen Vocals an den erstaunlich eingängigen Gitarrenriffs, wie auf dem Song “Je Ne Me Connais Pas”, dem Highlight des Albums.

Das Album ist ein tarantinoesquer Roadtrip durch die Wüsten der Südstaaten, kommt dabei allerdings ohne die üblichen Redneck-Attitüden aus. Stattdessen besingt Bandleaderin Mattiel Brown 9 to 5 und verschwendete Zeit. Erfrischenden oder aktuellen Themen gegenüber verschließt sie gekonnt ihren Blick, genau wie in vorangegangener Musik des Genres. So klingt Satis Factory ein wenig wie ein in der Garage aufgenommenes Album von Jack White, für den Mattiel auch schon als Vorband unterwegs waren. Aber den Zeitgeist zu treffen ist kein Ziel des Albums.  Vielmehr werden die komplett analogen Instrumente und die in Kitsch getränkten Backgroundchöre zu einer stilistisch einheitlichen und damit zeitlosen Platte komprimiert.

Auf dieser Basis glänzt Mattiel Brown mit ihrer einprägsam rotzigen Stimme. Die ist es, die dem Albumkonzept einen erfrischenden Twist gibt. Die Varianz, mit der Brown ihre Texte vorträgt, hält die 12 Songs auf Satis Factory davon ab, zu einem klanglichen Einheitsbrei zu werden. So bekommen wir am Ende ein trockenes und energetisches Album zum Kopf abschalten, Radio aufdrehen und Autofahren.

von Maximilian Keefer

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 11.06.19, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

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Veröffentlicht am 13. Juni 2019

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