Album der Woche: The Düsseldorf Düsterboys – Nenn Mich Musik

Album der Woche: The Düsseldorf Düsterboys – Nenn Mich Musik

Ihr werdet verwirrt sein von den Düsseldorf Düsterboys. Auf ihrem Debüt saugen sie euch nämlich nicht nur sämtliche Energie aus dem Körper, sie dekonstruieren nebenbei auch das Konzept der traditionellen Band. Wie gesagt: Ihr werdet verwirrt sein. Und ihr werdet Spaß dabei haben.

Es scheint als hätten die beiden Musiker Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti das Projekt Düsseldorf Düsterboys von Anfang an als komplexes Verwirrspiel angelegt. Denn bereits im vergangenen Jahr erschien unter dem ungoogelbaren Namen International Music ein Album in einer frappierend ähnlichen Besetzung, wobei die Musik die künstlerische Trennung der beiden Projekte nur bedingt legitimiert – So hätte der International Music Song „Für Alles“ mit seiner ätherischen Lethargie geradezu ideal auf die neue Düsterboys-Platte gepasst, der krautige Psychedelic-Rock der neuen Single „Kaffee aus der Küche“ wirkt hingegen wie eine liegengebliebene Nummer aus einer der International Music Sessions. Es sind eigenartigen Songwanderungen wie diese, die deutlich machen: Stringenz ist der Band einigermaßen egal. Vielmehr arbeiten sie fieberhaft an der Dekonstruktion popkultureller Gewohnheiten – und dazu gehört für sie offenkundig auch das Konzept der traditionellen Band.

Nach etwa der Hälfte des Debüts der Düsseldorf Düsterboys gelangt man dann zu einer beunruhigenden Erkenntnis: Doppelt man zwei gelangweilte Stimmen, klingt das nicht nur doppelt so gelangweilt, sondern vielmehr, als zöge jemand sämtliche Energie aus deinem Körper. Das eigentlich Beunruhigende ist aber: Der Aderlass macht Spaß! Und das liegt vordergründig an den assoziativen Textfetzen, die den Hörer*innen in diesem Modus hingeworfen werden. Mal wird lustvoll traditionelle Ruhrpott-Maskulinität dekonstruiert, andere Songs wirken wie ein verzweifelter Mansplaining-Versuch („Deine Kippe wird heiß“).

Doch nicht nur textlich lädt die Platte zu wilden Assoziationen ein. Auch die Musik schlafwandelt zwischen allerlei nostalgischen Ästhetiken hin und her. Stolpernder Proto-Punk in der Tradition von The Velvet Underground („Messwein“) fügt sich ebenso elegant in den Kontext der Platte wie die Wärme kontemplativer American Folk Music („Parties“). Die unmissverständliche Cover-Referenz zu Karen Dalton vom International Music Album hätte auf dem Düsseldorf Düsterboys-Debüt daher definitiv mehr Sinn gemacht. Vor allem aber machen diese Bezüge eines deutlich: Im faden Umfeld der aktuellen deutschsprachigen Popmusik wirkt das Düsterboys-Debüt wie die kryptische Botschaft zeitreisender und desillusionierter Aliens mit Schlafdefizit.

von Julian Tröndle

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 22.10.19, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

Veröffentlicht am 23. Oktober 2019

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