Das Auge des Shitstorms

Das Auge des Shitstorms

„Man muss sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man hat, und wenn es krumm und knorrig wäre.“ Wie Theodor Storm vor knapp 200 Jahren, so besangen am Samstag auch Theodor Shitstorm bei ihrem Konzert im Great Räng Teng Teng dieses krumme Holz. Die moderne Antwort des Duos: Ein nüchternes „RocknRoll“.

Theodor Shitstorm, bestehend aus der Songwriterin Desiree Klaeukens und dem Regisseur Dietrich Brüggemann, schreiben seit ihrer Gründung 2017 Lieder über „die Verzweiflung, die Verwirrung, den Schrecken und den Alltag“. Sie tun das mit einem konstanten Augenzwinkern.

Die Performance am Samstag passte zu ihren Texten: Unprätentiös, musikalisch solide, mit der angemessenen Prise Ironie. Am meisten Rock’nRoll-Flavor versprühte der Bassist Golo Schultz und wirkte mit seinem Dauergrinsen auf sympathische Weise etwas herausgefallen aus der restlichen Truppe. Aber auch Klaeukens und Brüggemann wirkten im Verlauf des Abends immer gelöster. Nach anfänglichen Technikproblemen am Keyboard und einem Fehler in der Setlist verlief die Spannungs- und Entspannungskurve des Konzerts konstant aufwärts.

Wessen Mütter daheim Reinhardt Mey-Platten hätten, wollte Brüggemann vom Publikum wissen und nach verhaltener Reaktion beschränkte er sich auf die Frage, wer denn eine Mutter habe. Die Hommage an den deutschen Liedermacher folgte dann trotzdem.

Spätestens bei ihrem Abschlusstrack „Sie werden dich lieben“ war der Funke ins Publikum gesprungen, und wieder zurück auf die Bühne. Am Ende holten Theodor Shitstorm dann noch mal das „innere Kind aus dem Bett“ mit der durch das Bonanza-Thema eingeleiteten Zugabe „Extrawurst“.
Theodor Shitstorm präsentierten am Samstag natürlich fast ausschließlich Songs aus ihrem ersten und bislang einzigen Album „Sie werden dich lieben“, das im letzten Herbst erschien.

Das Publikum mit einem unerwartet hohen Altersschnitt von etwa 40 hatte offensichtlich Spaß, der große Andrang blieb aber aus. Die knapp 50 Leute waren nicht genug, um den kleinen Kellerraum des Rängs zu füllen. Dafür herrschte entspannte Wohnzimmeratmosphäre, es gab Platz zum Tanzen und der Eintritt war mit 12 Euro fair.

Theodor Shitstorm im Räng Teng Teng, das waren anderthalb Stunden halbernster Lebensernst samt 80er-Nostalgiefaktor und erfrischend-eingängigen Melodien. Ob der Charme der beiden Wahlberliner auch ihren Namensgeber Theodor Storm abholen würde, wage ich trotzdem zu bezweifeln.

Text: Leonie Möck; Fotos: Leonie Möck
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Veröffentlicht am 2. Oktober 2019

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