Introducing Swans – Ein Beginners Guide

Introducing Swans – Ein Beginners Guide

Die Experimental-Rock Band Swans hat in ihrer Bandgeschichte 15 Studioalben, mehrere Live- und Compilation-Alben sowie zahlreiche EPs rausgebracht. Dabei den Überblick zu behalten, ist schwer. Wir helfen aus und haben einen kleinen Beginners Guide für die Diskographie der Swans erstellt.

Seit ihrem Debüt 1982 überwacht die amerikanische Experimental-Rock Band Swans die Rock-Szene wie eine Geheimorganisation aus dem Hintergrund. Sobald ihm aktuelle Rock-Konventionen zu reizlos werden, tritt das Kollektiv um Sektenführer Michael Gira aus dem Schatten hervor, um Rock mit jedem Album neues Leben einzuhauchen. Dabei stellen sie jedes Mal den Soundtrack für die Apokalypse bereit, die sie selbst heraufbeschworen haben.

Die 27 Jahre Bandgeschichte lässt sich in mehrere Schaffensphasen gliedern. Das liegt ganz besonders daran, dass Mastermind Michael Gira regelmäßig neue Mitglieder rekrutiert, während andere die Band verlassen. Jede einzelne Schaffensphase ist von einem bestimmten Klangbild geprägt. Post-Punk, Industrial, Post-Rock, Post-Folk: Alle Genres werden irgendwann bedient und von Swans-typischer Aggressivität geprägt.

Bei einer so vielseitigen Diskographie stellt sich natürlich die Frage mit welchem Projekt man die Reise in die musikalische Welt der Swans beginnt. Naheliegend wäre das erste Album. Bei Swans ist das allerdings etwas schwieriger. Das Debütalbum Filth ist durch seine Tendenz zum Repetitiven und dem kontinuierlichen Verzichten auf klangliche Konventionen sehr schwer zugänglich. Die folgenden drei Alben, die zu unterschiedlichen Zeiten der Bandgeschichte erschienen sind, bieten jedoch einen idealen Einstieg für all diejenigen, die sich erstmals mit dem Werk der Swans beschäftigen möchten.

White Light from the Mouth of Infinity

Das erste Einstiegsprojekt ist das 1991 erschienene Album White Light from the Mouth of Infinity. Darauf entwickelten sich Swans vollständig weg vom harten No-Wave der ersten Alben und produzierten ein Post-Punk beziehungsweise Dark Folk Projekt, welches Ähnlichkeiten mit Post-Punk Größen wie Joy Division aufweist. Die einzelnen Songs bestechen weiterhin durch enorme Intensität, sind allerdings nun von geregelten Liedstrukturen geprägt und sind weitaus zugänglicher als ehemalige Projekte.

Das Album bietet sich als Einstieg an, da es die Qualitäten von Swans genau verdeutlicht: Experimentierfreudigkeit, das Verlangen alte Genregewohnheiten zu erneuern und dabei eine klangliche Brutalität aufrechtzuerhalten, die völlig neue Gefühlswelten ermöglicht. White Light from the Mouth of Infinity lohnt sich also für diejenigen, die keine Fans von 20-minütigen Rocksymphonien, dafür aber vom Post-Punk der 80er Jahre sind und auch bereit sind völlig neue Facetten dieses Genres kennenzulernen.

Soundtracks for the Blind

Genauso sehr zu empfehlen ist das 1996 erschienene Album Soundtracks for the Blind. Da immer mehr Nebenprojekte seine Zeit in Anspruch nahmen beschloss Michael Gira 1996 Swans aufzulösen. Das zweistündige Magnus Opum Soundtracks for the Blind sollte die Höllentore schließen aus denen Swans zu Beginn der Achtziger kamen. Das bis dato komplexeste Album der Band verbindet dabei sphärische Gitarrenklänge des Post-Rock mit der enormen Brutalität früher Swans-Projekte. Ganz besonders die sanfte Stimme von Jarboe, die neben Michael Gira als Sängerin agiert, schafft es den Klang der Swans um einige Facetten zu bereichern. Sie erdet durch ihre Anwesenheit die klangliche Intensität der Band und ermöglicht den Swans so, in neue Höhen zu steigen.

Durch diese Merkmale entstand eines der imposantesten Alben der Neunziger, welches den Grundstein für spätere Post-Rock-Bands wie Godspeed You! Black Emperor und Mogwai legte, indem es die Hörer*innen für komplexe Ambient-Klangsphären in Rock-Produktionen sensibilisierte. Durch die Bewegung von Post-Punk zu Post-Rock ermöglichten Swans kurz vor ihrer Auflösung das Klangbild, welches sie während ihrer Reformation 2010 am meisten prägen sollte. Fans von dröhnenden Gitarrensphären, 15-minütigen Symphonien und klanglicher Überwältigung, die noch nicht allzu brutal wirkt, finden bei Soundtracks for the Blind den idealen Einstieg in das Werk von Swans.

To Be Kind

Das dritte Album nach der Reformierung 2010 ist das 2014 erschienene Album To Be Kind, welches ein idealer Einstieg in den derzeitigen Klang der Swans ist. To Be Kind setzte der klanglichen Entwicklung von Swans die Krone auf. Von den Kritikern geliebt, schaffte es das Album alle klanglichen Entwicklungen der Bandgeschichte in zwei Stunden zusammenzufassen und vollends zu perfektionieren. Die Brutalität der Frühphase, die textliche Gewandheit der Gothic und Folk Phase sowie die klangliche  Ungebundenheit von Soundtracks for the Blind, werden in To Be Kind zu einem gigantischen Epos kombiniert, welches es so noch nie gab. Das Album ist fünf Jahre nach Veröffentlichung schon ein Klassiker des Post-Rock-Genres und wird in Listen mit den besten Alben der 2010er immer unter den ersten Plätzen genannt. To Be Kind verdeutlicht alle klanglichen Entwicklungen, die die Band in über 20 Jahren Bandgeschichte durchgemacht hat und wird so zu einem idealen Einstiegswerk in die Musik der Swans, da man genau erkennen kann, was ihr Schaffen ausmacht: Der Wille jegliche Genregrenzen aufzubrechen, das Ziel die Hörer*innen in völlig neue Klang- und Gefühlswelten zu entführen sowie den Anspruch an sich selbst, klanglich niemals zu stagnieren. All diese Aspekte kann man To Be Kind entnehmen und wird so bestens auf die weitere Reise durch die Diskographie der Swans vorbereitet.

Fotos: Mute/Young God
Autoren:
Veröffentlicht am 25. Oktober 2019

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