Album der Woche: FKA Twigs – Magdalene

Album der Woche: FKA Twigs – Magdalene

2017 musste Sängerin und Produzentin FKA twigs ihre Karriere unterbrechen, um sich einer Operation zu unterziehen, bei der sie sich mehrere Tumore aus der Gebärmutter schneiden ließ. Im April dieses Jahr performte die Tänzerin, Sängerin und Produzentin mit „cellophane“ virtuos ihr Comeback. Am Freitag kam das zugehörige Album Magdalene.

Mit dem Konzeptalbum Magdalene stellt FKA twigs endgültig klar, dass die oft gewählte Bezeichnung RnB für ihre Musik tatsächlich, Zitat, „schlampiger Journalismus“ ist. Der beizeiten gelayerte Sopran, der sich um barocke Kirchentonleitern windet wird kombiniert mit futuristisch-synthetischen Waberklängen. Das Ergebnis hat einen viel zu avantgardistischen Anspruch, um in ein Genre zu passen.

Häufig wird das Album diesen Anspruch auch gerecht. Das Intro “thousand eyes”, “cellophane” und der (Quasi-)Titeltrack “maria magdalene kreieren einen formvollendeten Rahmen für die ätherischen Klangkonzepte auf Magdalene. Die werden in das richtigen Maß an Extravaganz gebettet, ohne dabei zu pathetisch zu wirken.

Das liegt auch daran, dass das Album neben dem ästhetisch-musikalischen Konzept auch mit  Handwerk überzeugen kann. Die Künstlerin hat ihre Songs beeindruckend weitläufig produziert, und trotzdem entsteht beim Hören das Gefühl, jeder Ton sitzt in der Klangsphäre genau da, wo sie ihn haben will. Harmonisch bedient sich die sakral klingende Musik an gregorianischen Kirchentonleitern. Auch der Gesang ist gewohnt virtuos, auch wenn FKA twigs die Töne noch zerbrechlicher als früher ins Mikrofon haucht.

Diese zerbrechlich wirkende Gesangsperformance stützt auch den Inhalt der Texte auf Magdalene.  Körperlicher wie seelischer Schmerz, in dem die Protagonistin sich verliert, ihn aufnimmt und darin aufgeht, ist ein wiederkehrendes Motiv in den Texten. Dabei wendet sie sich an die titelgebende Maria Magdalena als weibliche religiöse Bezugsperson, die Heiligkeit und Sinnlichkeit vereint.

Dieses Konzept der „heiligen Hure“ nutzt FKA twigs außerdem, um sich mit Frauenbildern und ihrer eigenen Weiblichkeit auseinanderzusetzen. Das Motiv der Einschüchterung durch offensive Weiblichkeit durchzieht das Album und wird ironischerweise vom einzigen Gast auf dem Album bestätigt. Der Rapper Future liefert einen ernüchternd gewöhnlich sexistischen Gastpart, eine der wenigen Schattenseiten auf einem ansonsten eindrucksvollen Album.

von Maximilian Keefer

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 12.11.19, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

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Veröffentlicht am 12. November 2019

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