Selbst- und Stressmanagement an der Uni

Selbst- und Stressmanagement an der Uni

Selbstmanagement ist nicht gleich Selbstoptimierung. Eher schon perfektioniertes Zeitmanagement. Nur wie gehe ich mit Stress um, wenn 50-Wochenstunden Jurastudium, Latinum-Prüfung oder zwei Nebenjobs koordiniert werden müssen? Antworten hat Saskia in der Impulsreihe “Läuft bei mir?” der Zentralen Studienberatung gesucht.

„Also mit der Uni und den Nebenjobs bekomme ich alles gut hin, aber ich habe derzeit kein Privatleben.“ Betretenes Gelächter in der Runde, ich lache auch. Was ein wenig zynisch gemeint war, ist aber tatsächlich der Grund für meinen Besuch des Selbstmanagement-Workshops. Und nicht nur meiner. Alle sind sie hier, weil sie sich erhoffen, ihrem übervollen Terminplan gelassener entgegenzutreten und Methoden an die Hand zu bekommen, ihre Zeit besser zu verwalten.

Auf den Fokus kommt es an!

Die Begriffe Zeit- und Selbstmanagement werden häufig synonym verwendet, sind aber nicht identisch. „Selbstmanagement ist die Fähigkeit, seine eigenen Ziele, Visionen und Pläne auch tatsächlich in die Tat umzusetzen“, erklärt Anna Mielich, Organisatorin der Impulsreihe „Läuft bei mir?!“ der Zentralen Studienberatung und des Projektes „Fokus erstes Studienjahr“. Darunter fällt natürlich auch das richtige Zeitmanagement. Dabei geht es aber nicht darum, seinen Alltag noch besser zu strukturieren. Viel eher stellt sich beim richtigen Selbstmanagement die Frage: Nutze ich meine Zeit sinnvoll? Brauche ich das, was ich gerade mache wirklich, um mein Ziel zu erreichen?

Aber was ist überhaupt mein Ziel? Diese Frage liegt plötzlich real vor mir, als ich vor einem auf dem Boden gespannten Seil stehe, das meinen Weg zum festgelegten Endziel symbolisiert. Während ich am Seil entlang auf mein Ziel zugehe, muss ich mir folgende Fragen beantworten: Welche Aufgaben muss ich bis dorthin lösen? Welche Mittel brauche ich dazu? Was ist mir auf meinem Weg wichtig? Da wird mir klar: Sich einen Fokus zu setzen ist gar nicht so banal, wie es sich zunächst einmal anhören mag. Viel zu oft liegen unsere Ziele zu weit in der Zukunft. Wir übersehen so die vielen kleinen Zwischenschritte, die für ein erfolgreiches Ankommen notwendig sind. Dadurch fühlen wir uns von unseren Zielen häufig erschlagen.

Lebens-Guideline: Persönliche Werte

Manchen geht es aber auch so, dass sie sich gar nicht bewusst sind, auf welches Ziel sie überhaupt hinarbeiten. Dann kann es vorkommen, dass sich das Abarbeiten des wöchentlichen Aufgabenbergs völlig sinnlos anfühlt. Weshalb man aber auch dann trotzdem nicht ziellos durch die Welt irren muss, hängt mit unseren persönlichen Werten zusammen. Und die hat jeder, bewusst oder unbewusst.

Werte sind vergleichbar mit Gefühlen, die zu spüren wir für erstrebenwert halten. Um sich dieser klarer zu werden, bekommen wir einen Kartenstapel mit Begriffen, die wir nach ihrer Wichtigkeit in unserem Leben in fünf Kategorien von „sehr wichtig“ bis „unwichtig“ einteilen sollen. Einzige Prämisse: Auf die Intuition hören und nicht über die Zuordnung nachdenken! Zum Schluss sollten optimalerweise fünf Begriffe vor einem liegen, an denen man sich bei seinen Entscheidungen im Leben orientieren soll.

Denn die Aufgaben, die wir übernehmen, ebenso wie die Haltung, mit der wir an diese Aufgabe herangehen, ist von unseren Werten abhängig. Sich ihrer bewusst zu sein, kann aber dazu beitragen, seine (Bauch-)Entscheidungen nachvollziehen zu können. Wenn man nun also den Freitagabend in der UB verbringt und sich gerade darüber ärgert, zum wiederholten Male seinen Freunden das Feierabendbierchen versagen zu müssen, hat das im großen Kontext gesehen eventuell weniger mit dem falschen Zeitplan zu tun, als man denken mag. Umgekehrt kann das Bewusstsein über die eigenen Werte dazu verhelfen, bestimmte Aktivitäten aus dem Plan zu streichen, die diesen entgegenstehen. Für welche Aufgaben wir uns entscheiden, hängt nämlich stark von unbewussten Ängsten, Vorurteilen, Assoziationen oder gesellschaftlichen Zwängen ab. Dazwischen seine persönlichen Werte zu finden, ist also gar keine so leichte Aufgabe.

Achtsamkeit als Mittel gegen Stress

Was passiert, wenn wir trotz gefestigter Werte und bewusster Aufgabenwahl trotzdem in Stress geraten? Der Abend der Impulsreihe ist deshalb dem Stressmanagement gewidmet. Stressempfinden ist individuell unterschiedlich. Manche halten eine lange Zeit ein hohes Stresslevel aus – andere wiederum geraten bereits bei verhältnismäßig kleinen Anforderungen in eine Stresssituation. Was dann passiert, ist reine Biochemie. Die beiden Hauptakteure Sympathikus und Parasympathikus sind für die An- und Entspannung zuständig, das regelt unser Körper im Normalfall von selbst. Wenn die Selbstregulation nicht mehr funktioniert, befindet sich der Körper in ständiger Anspannung, wodurch wir selbst kleinste Anforderungen als belastend empfinden.

Aber können wir dem nicht bewusst entgegensteuern, bevor es so weit kommt? Doch! Das Zauberwort hierfür ist Achtsamkeit. In den Übungen des Impulsabends geht es genau darum: Das individuelle Stressempfinden und das Bewusstwerden der eigenen Spannungskurve. Was tut mir gut und ab welchem Punkt beginnt es zu kippen? Können wir auf Ressourcen zurückgreifen, die wir beispielsweise schon als Kind verinnerlicht haben. Kinder handeln nämlich intuitiv, wenn sie sich in belastenden Situationen befinden. Es lohnt also der Blick in die Vergangenheit: Was habe ich als Kind besonders gerne gemacht? Oftmals lassen sich bestimmte kompensierende Handlungen wieder in das eigene Leben integrieren. Sport, künstlerische Betätigung oder auditive Beschallung können den Parasympathikus stimulieren und den Stressabbau begünstigen.

Letztendlich kann es auch schon hilfreich sein, sich der Vergänglichkeit der stressigen Situation bewusst zu werden. Auch wenn es gerade nicht so scheint: Oftmals gehen stressige Phasen nach einigen Wochen vorbei. Bis dahin heißt es: Sein Stresslevel aufmerksam beobachten, sich Pausen gönnen, Ressourcen aufbauen und das Licht am Ende des Tunnels im Blick behalten.

Info

Weitere Informationen zur Impulsreihe “Läuft bei mir” findet ihr beim Service Center Studium

► Alle Beiträge zur Themenwoche Mental Health

Foto: Saskia Rohleder
Veröffentlicht am 20. November 2019

Empfohlene Artikel