Album der Woche: Welten – Akureyri

Album der Woche: Welten – Akureyri

Die jungen Leipziger Indie-Jazzer Welten beweisen mit ihrem zweiten Album Akureyri abermals, wie tiefgreifend und zeitgemäß sich Jazz heute artikulieren kann. Bereits auf ihrem Debut-Album Ycatú präsentierten die Leipziger ihren verträumt-nachdenklichen Sound, den sie jetzt noch konzentrierter als zuvor auf Albumlänge gebracht haben.

Irgendwo zwischen gehauchten Holzbläserlinien, feingliedrigen Synth-Klängen, sowie kräftigen Drums baut sich der Sound von Welten auf. Prägend für die Musik des aufstrebenden Leipziger Quartetts ist dabei der Kontrast zwischen schwebend-leichter Melancholie und erdigem Groove-Gewitter. Ihre Klangräume werden dabei von raffiniert arrangierten Sounds durchzogen: Extraterrestrisches trifft dort auf „eigentlich doch gar nicht so Ungewohntes“ und verliert sich in wunderschön gleitenden Klangkompositionen. 

Während der Album Opener “Moschops” noch als in sich abgeschlossener Prolog gehört werden kann, verbinden sich die restlichen elf Kompositionen in einer zusammenhängenden Dramaturgie. Wie in einer großen Erzählung bauen die einzelnen Elemente nachvollziehbar aufeinander auf. Hektik, rasante Bewegungen und undurchsichtige musikalische Strukturen finden auf dem Album keinen Platz. Vielmehr wird die geschickte Eingängigkeit zu seiner größten Qualität. Dafür sind vor allem die beiden Holzbläser verantwortlich. Sie konkurrieren nicht um das beste Solo – ganz im Gegenteil unterstützen und ergänzen sie sich gegenseitig, räumen einander Platz ein oder stimmen gemeinsame Klagegesänge von durchdringender Intensität an. Als früher Höhepunkt dieses kongenialen Zusammenspiels offenbart sich der Titelsong des Albums. Vom introversiven Bläserdialog artet dieser zur Mitte hin in vertracktes Kopfnicken aus, bis er am Ende erschöpft in sich zusammenfällt. Immer wieder schälen sich so Momente expressiver Kraft und Stärke aus den sonst sehnsüchtig-sensiblen Stücken heraus. Immer wieder brechen Klangflächen auf, immer wieder fällt alles in sich zusammen.   

Akureyri wird hier zur Austragungsstätte eines besonderen introspektiven Klangabenteuers. Seine tiefgreifenden Kompositionen, leicht schwebenden Klanggebilde, seine bezaubernden Atmosphären, und expressiven Höhepunkte machen dieses Album zu einem Highlight der Jahreswende. Ebendort wo tiefschürfende Melancholie und euphorische Aufbruchsstimmung zusammentreffen, liegt – Akureyri.

von Joel Beierer

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 28.01.20, ab 19.00 Uhr in unserem Soundcheck

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Veröffentlicht am 29. Januar 2020

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