“Expressionist Scherer” – Ausdrucksmittel Form und Farbe

“Expressionist Scherer” – Ausdrucksmittel Form und Farbe

Anfang des 20. Jahrhunderts steht die Kunstwelt wieder einmal Kopf. Vor allem die jungen Künstler*innen lehnen sich gegen die Autoritäten auf. Sie wollen nicht mehr die Natur imitieren, sondern ihre eigenen Weltauffassungen formulieren. Wie zerbrechlich diese sein konnten, zeigt die Ausstellung: „Expressionist Scherer – direkter, roher, emotionaler“. Hier gibt es ein paar Basics.

Der Begriff „Expressionismus“ leitet sich vom lateinischen Wort expressio ab und bedeutet „Ausdruck“. Er wurde 1911 von Herwarth Walden, einem Schriftsteller und Unterstützer der Avantgarde, geprägt. Im ursprünglichen Sinn meinte Walden damit alle für seine Zeit progressiven Kunstrichtungen. Also unter anderem auch den Fauvismus, Kubismus, Surrealismus und die gegenstandlose Malerei. Inzwischen bezeichnet der Begriff „Expressionismus“ eine Stilrichtung in der nordischen Kunst in der Zeit zwischen 1905 und etwa 1930. Aber wichtig: Den „Expressionismus“ findet man nicht nur in der bildenden Kunst. Dieser Begriff ist auch für die Literatur und die Musik von großer Bedeutung.

Was zeichnet den Expressionismus aus?

„Der Expressionismus zielt auf das Emotionale, er will den inneren Ausdruck erfassen, ganz gleich, ob es sich dabei um die Darstellung von Landschaften, alltäglichen Gegenständen oder Personen handelt.“, soweit aus einem Lexikon der Kunststile. Den Künstler*innen geht es also nicht um das bloße Darstellen oder die Ästhetik. Sie wollen den Kern des Darzustellenden packen und ihn mit einem künstlerischen Medium in die Außenwelt übertragen. Egal wie banal, unangemessen oder schockierend das Festgehaltene auf die Außenwelt wirkt. Mit ihrer verstörenden Arbeitsweise schockierten sie den Großteil ihrer Zeitgenossen. Die Künstler*innen thematisierten oft soziale und seelische Missstände, exzessive Lebensweisen oder die Natur und deren Erscheinungen. In leuchtenden Farben oder schwarzen Holzstichen. Auf Leinwand, Papier, Karton. Als Skulptur und Plastik.

Ausstellung Expressionist Scherer

Zwei Werke aus Scherers letzter Schaffensperiode

Oft schlossen sie sich in Künstlervereinigungen zusammen, arbeiteten und stellten gemeinsam aus. Die bekanntesten Vertreter*innen dieser Kunstrichtung sind die Mitglieder der „Brücke“ in Dresden (1905–1913): Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Otto Mueller und Max Pechstein. Die Neue Künstlervereinigung München (N.V.K.M.) gegründet 1909: Wassily Kandinsky, Alexej Jawlensky, Franz Marc, Gabriele Münter und Marianne von Werefkin. 1911 spaltete sich die Gruppe N.K.V.M. Wassily Kandinsky und Franc Mark gründeten im selben Jahr die Vereinigung „Blauer Reiter“. Andere wichtige Mitglieder der Gruppe „Blauer Reiter“ sind: Gabriele Münter, August Macke, Paul Klee, Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin und Alfred Kubin. Als große Vorbilder der Expressionisten gelten Vincent van Gogh und Edvard Munch.

Wer war Hermann Scherer?

Hermann Scherer (8. Februar 1893; † 13. Mai 1927) wendete sich 1920 dem Expressionismus zu. Dabei ging er so konsequent vor, dass er einen Großteil seines bis dato geschaffenen Werkes zerstörte. Auch Hermann Scherer gehörte einer Vereinigung an. An Silvester 1924/25, gründete er mit seinen Künstlerfreunden Albert Müller und Paul Camenisch die Gruppe „Rot-Blau“. Ende 1926 wurde Scherer schwer krank. Die Gruppe löste sich 1927 wieder auf, nachdem Scherer und Müller gestorben waren.

Expressionist Scherer - I feel his pain

“I feel his pain!” – Ein Gästebucheintrag zur Ausstellung Scherer.

Woher Hermann Scherer kam, warum er so jung starb und warum ihn die Kuratorin Isabel Herder als „einen Getriebenen“ bezeichnet, könnt ihr in einem vierminütigen Audio-Beitrag auf SWR 2 hören.

Dass Hermann Scherer ein „Meister seines Fachs“ war, wenn es darum ging Emotionen zu übermitteln, beweist er auch 93 Jahre nach seinem Tod. „I feel his pain!“ hat ein Gast in das Gästebuch des Museums für Neue Kunst geschrieben. Das ist schwer vorstellbar, wenn man das Werk nicht selbst gesehen hat.

Die Ausstellung läuft noch bis 15. März 2020.
Im: Museum für Neue Kunst
Marienstraße 10A
79098 Freiburg im Breisgau

► Alle Beiträge zur Themenwoche Wer geht eigentlich noch ins Museum?

Autoren:
Veröffentlicht am 31. Januar 2020

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