Filmkritiken und erste Eindrücke vom Internationalen Filmfestival Berlin

Filmkritiken und erste Eindrücke vom Internationalen Filmfestival Berlin

Blitzlichtgewitter und Filmstars hautnah am Roten Teppich. Valentina und Paul berichten für euch täglich von den 70. Internationalen Filmfestspielen in Berlin. An Tag 1 rezensiert Paul die Filme “Malmkrog” und “Las Mil y Una”. Valentina bloggt über Reizüberflutung und ihre Eindrücke bei ihrer ersten Berlinale. Mehr Bilder seht ihr auf Instagram.

Herrenhaus und Problembezirk, wohin will die Berlinale 2020?

Russische Herrenhäuser und ein perspektivloses Viertel irgendwo in Argentinien – neben bekannten Gesichtern am roten Teppich, präsentiert die Berlinale wie jedes Jahr vor allem reichlich Filme. Unser Reporter Paul fasst die Erlebnisse des ersten Tags zusammen und gibt einen Ausblick auf das Festival #Berlinale2020

Die totale Reizüberflutung an Tag 1

Pünktlich zum Auftakt der Berlinale bin ich in der Hauptstadt angekommen. Wo ist das Festivalgelände? Welche Stars werden auf dem roten Teppich erscheinen? Wie wird der erste Film? So habe ich den ersten Tag zwischen wegsuchenden Franzosen und gurkenessenden Sitznachbarinnen erlebt.

"Which way is the Potsdamer Platz?"

“Which way is the Potsdamer Platz?”

Mendelssohn-Bartholdy-Park heißt die U-Bahn-Station, an der ich aussteigen muss. An der Haltestelle Potsdamer Platz sind gerade Umbauarbeiten im Gange. Wieder im Tageslicht angekommen, frage ich sofort Google Maps nach der Route zum Festivalgelände der Berlinale. Ein wegsuchender Franzose tippt mir auf die Schulter: „Which way is the Potsdamer Platz, do you know?“. In diesem Moment entdecke ich zufällig ein Hinweisschild auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „It says 650 meters this way“, antworte ich ihm, während ich nach rechts zeige.

Wir machen uns gemeinsam auf den Weg, unsere Festivalausweise abzuholen. Alain erzählt, dass er in Paris für eine Filmproduktionsfirma arbeitet. Schon seit 20 Jahren kommt er zur Berlinale: „I see a change in the film industry. Women become more and more important”, findet er. Ich sage ihm, dass ich das erste Mal auf dem Festival bin und überhaupt nicht weiß, was die nächsten Tage auf mich zukommen wird. „Relax and don’t take things too serious“, lacht Alain. Entspannen will ich auch, aber ganz ohne Trubel funktioniert ein internationales Filmfestival einfach nicht, schon gar nicht am roten Teppich. Inzwischen hat sich Alain verabschiedet und mir seine Karte in die Hand gedrückt. 

Am Cinemaxx treffe ich Paul, der für uniFM die Radioberichte zur Berlinale 2020 macht, als er gerade aus einem dreistündigen Film gestolpert kommt. Obwohl wir beide eigentlich schon etwas müde und hungrig sind, geht es gleich weiter zum Berlinale Palast um die Ecke. Wir schlängeln uns an Passanten vorbei in den abgesperrten Bereich: „Seid ihr von der Presse?“, werden wir von einem Ordner gefragt. Ich muss kurz überlegen, ob ich das tatsächlich bin, weil es mir so unwirklich vorkommt. 

Die Filmstars werden am roten Teppich vorgefahren.

Die Filmstars werden am roten Teppich vorgefahren.

Und plötzlich bin ich mittendrin im Star- und Medienauflauf. Wir tummeln uns irgendwo zwischen ZDF, rbb und sämtlichen anderen (inter-)nationalen Sendern und Presseleuten. Ich bin überrascht, wie nah wir am Geschehen sind. Bisher war ich die Distanz durch den Fernseher gewohnt. Nacheinander fahren Autos des offiziellen Berlinale-Partners Audi vor, aus denen Schauspieler*innen wie Sigourney Weaver, Jeremy Irons und Heike Makatsch aussteigen. Der Fanblock auf der gegenüberliegenden Seite ruft lautstark nach „Heikeeeee“ und Co.

Florian David Fitz und Jessica Schwarz am roten Teppich.

Dem forschen Reporter direkt vor uns ist es zu verdanken, dass wir einige Interviews hautnah miterleben können. Zwischen Festivalmusik, Fangeschrei und flimmerndem Blitzlichtgewitter fällt uns gar nicht auf, wie kräftezehrend das lange Stehen und der permanente Versuch, sich auf Details zu konzentrieren, sein können. 

Paul und ich brauchen etwas Essbares, das den studentischen Geldbeutel nicht zu sehr belastet. Diese Suche rund um den Berlinale-Palast und das Grand Hyatt-Hotel gestaltet sich schwierig, aber am Ende sitzen wir in einer Seitenstraße in einem vietnamesischen Restaurant und überlegen mit der Gabel in der einen und dem Handy in der anderen Hand, welche Fotos und Videos wir auf Instagram posten werden. 

Direkt nach dem letzten Bissen machen wir uns wieder auf den Weg zurück zum Gelände. Im Cinemaxx läuft um 21:30 Uhr die Pressevorführung des argentinischen Films „Las mil y una“, der die Sektion Panorama eröffnet. Ich kaufe mir vor der Vorstellung noch ein stilles Wasser in der Plastikflasche für unglaubliche 4,10 Euro. Notiz am Rande: Morgen bringe ich meine eigene Flasche mit. Der Andrang ist groß, aber wir bekommen sogar noch Plätze mit verstellbarer Rückenlehne. Für den Fall, dass uns die Augen zufallen, sind wir also bestens gewappnet.

Pressevorführung des argentinischen Films „Las mil y una“

Im Film geht es um die 17-jährige Iris, die in einer Sozialwohnungssiedlung in den Tag hineinlebt. Sie trifft auf Renata und entdeckt durch sie Zärtlichkeiten über die Grenzen einer heteronormativen Gesellschaft hinaus. Aber als Gerüchte ihren Lauf nehmen, kommen Konflikte auf. Ich erinnere mich an Alains Worte bezüglich der Darstellung von Frauen im Film, die auch in „Las mil y una“ im Fokus steht. 120 min Spanisch, das ich nicht verstehe, aber zumindest englische Untertitel später, ist nicht nur der Film am Ende, sondern auch wir. Was mich letztendlich doch wachgehalten hat, war das Knabbern meiner Sitznachbarin, die eine ganze Salatgurke verschlungen hat.

► Alle Beiträge zur Themenwoche Berlinale 2020

► Vanessas Eindrücke von der Berlinale 2019

Fotos: Valentina Keller und Paul Stümke
Veröffentlicht am 21. Februar 2020

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