Leonce und Lena – ein politisches Lustspiel

Leonce und Lena – ein politisches Lustspiel

Die studentische Theatergruppe Mundwerk führt aktuell das Stück „Leonce und Lena“ von Georg Büchner in der „TheaterFISTung auf. Das Stück handelt von der Prinzessin Lena und dem Prinzen Leonce, die ihrer gesellschaftlichen Pflicht, einer Heirat, entkommen wollen. Dabei entsteht ein Stück, welches sich mit den Themen Liebe, Freiheit und Jugend beschäftigt. Julia und Alexandra waren bei der Generalprobe dabei.

Der Hofstaat, dargestellt als Sprechchor.

„Dramen sind dazu da, dass man sie auslegen kann und muss“

So beschreibt Regisseurin Katharina die Inszenierung. Und tatsächlich wirkt das Stück aus dem Jahr 1836 durch die Neuinterpretierung aktueller als jemals zuvor. So werden Live- Handyvideos der Theaterschauspieler auf die Leinwand projiziert, aktuelle Politikerreden vorgetragen und Geschlechterrollen aufgebrochen. Die Proben für das Stück begannen bereits im Mai. „Zweimal die Woche und sechs Probewochenenden“ liegen hinter Mundwerk, erzählt uns Robin. Das Ergebnis ist ein politisches Drama, welches einen auch nach dem Verlassen des Theaters weiter beschäftigt.

„Eine langweilige Jugend ist das, sie wird geboren und langweilt sich, bis sie stirbt“ (Thomas Bernhard)

„Wir hatten drei Themen, die uns besonders wichtig waren: zum einen die Jugend, weil wir in unserem Stück zwei junge Protagonisten haben, die mit ihrer gesellschaftlichen Situation umgehen müssen. Das kann man mit der heutigen Situation in eine Spannung setzen, weil heute junge Menschen auf die Straße gehen und für ihre Zukunft kämpfen“, so Katharina. Dies stellt insbesondere der junge Leonce aus dem Königreich Popo dar, der ein dekadentes Leben führt, welches keine Wünsche offenlässt. Trotzdem strebt er nach Freiheit und Abenteuern und möchte sich seiner gesellschaftlichen Rolle nicht fügen. Er tritt mit seinem Freund Valerio die Flucht an. Auch Lena aus dem Königreich Pipi möchte sich ihrer Heirat durch eine Flucht mit ihrer Gouvernante entziehen und ihr Leben selbst bestimmen.

Valerio, von einer weiblichen Schauspielerin gespielt.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt in der Darstellung der aktuellen politische Situation. Dabei geht es um Kommunikation. König Peter, Vater von Leonce, spricht während des Stückes in philosophischen Phrasen. Auszüge aus aktuellen Reden heutiger Politiker werden mithilfe von Videoinstallationen eingearbeitet. Es wird schnell klar, wie inhaltsleer politische Reden sind, und wie stark sie trotzdem durch leere Worthülsen wirken.
Das letzte große Thema ist Identität. Die Theatergruppe spielt mit den verschiedenen Rollen und hat diese von ihrem Original uminterpretiert: „Der Hofstaat wird von einem Sprechchor dargestellt. Und Frauenrollen sind mit Männern besetzt. Darüber wollten wir auch so eine Rollenhaftigkeit betonen“, erklärt Katharina. Aktuelle Debatten über Geschlechtsidentität und Gender werden so spielerisch in das Stück integriert.

Das Stück „Leonce und Lena“ ist ein unterhaltsames und zugleich sehr kritisches Stück. Durch den Einsatz zahlreicher audiovisueller Medien und den Bezug zu aktuellen Debatten, wie der eigensinnigen Jugend, einer phrasengeleiteten Politik und der Frage der Geschlechtsidentität, schafft es das Stück das Publikum zum Nachdenken zu bringen. Robin wünscht sich von den Zuschauern „dass sie rausgehen und sagen, es hat ihnen gefallen, und dass sie noch einmal eine Nacht darüber nachdenken“. Katharina ergänzt: „Es ist ganz bewusst so, dass wir keine Message mitgeben wollten. Wir möchten, dass man das Stück auf sich wirken lässt und vielleicht am nächsten Tag nochmal daran denkt und eine Anregung bekommt.“

Wer Interesse hat bei Mundwerk mitzumachen ist herzlich willkommen, dabei muss man laut Robin nicht mal unbedingt schauspielerisches Talent mitbringen: „11 Leute stehen auf der Bühne, aber 12 Leute stehen im Hintergrund bei dieser Produktion und machen die Technik, Kostüm und Maske. Ohne diese Leute im Hintergrund wäre diese Produktion auch gar nicht möglich. Es gibt also eigentlich für jedes Interesse einen Platz in unserer Theatergruppe.“

Mundwerk gibt es unter diesem Namen seit 2018. Die Gruppe trat davor unter dem Namen „Tapetenwechsel“ unter der Regie von Katti Geighardt auf. Nachdem diese dann nach Berlin ging, um dort weiter als Regisseurin zu arbeiten nahmen Katharina Kohler und Robin Haensse ihren Platz ein. Sich selbst beschreiben sie auf ihrer Website als „eine Gruppe an jungen Leuten, die sich trifft, um Worte zum Leben zu erwecken, um sich kritisch mit der Welt, in der wir leben, auseinanderzusetzen und um schließlich Impulse in eben dieser zu setzen“, und das kann man nach einem Besuch ihres Stückes „Leonce und Lena“ nur bestätigen.

Info

Was: „Leonce und Lena“ von Georg Büchner

Wann: 20:00 (Einlass 19:45) am 04.02., 07.02. und 08.02.

Wo: TheaterFISTung, Friedrichstr. 39

Preis: 6 Euro / Ermäßigt: 4 Euro

Tickets gibts unter ticket@mundwerk-theaterkollektiv.de, in der Buchhandlung Ludwig oder an der Abendkasse.

Foto: Julia Krönert
Veröffentlicht am 4. Februar 2020

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