Fiona Apple ist ein Phänomen. Wohl keine Künstlerin trödelt so sehr bei der Veröffentlichung neuer Alben (im Schnitt kommt nur alle sieben Jahre ein neues) und wird trotzdem bei jedem neuen Release von Fans und Kritik abgefeiert. Ihr neues Album Fetch The Bolt Cutters bildet da zu Recht keine Ausnahme.

Fans der Songwriterin wissen, dass ein Großteil des Charmes von Apples Musik von ihrer Outsider-Attitüde kommt. Es mag an ihrer Biographie liegen, dass Apple keine Angst davor hat, auch schwere Themen mit einem gewissen Elan anzugehen. Der Albumtitel Fetch The Bolt Cutters ist hier Programm, mit einem Bolzenschneider werden auch düstere Themen ins Licht geholt. 

Die Stärke in Text und Songwriting ist ein klassisches Fiona Apple-Trademark. Aber was das Album so gut macht, dass sich die Kolleg*innen von Pitchfork sogar zur Bestbewertung von 10/10 hinreißen ließen, ist der enorme Sprung nach vorne, den Apple bei den Instrumentals macht. Fetch The Bolt Cutters ist ein rhythmisches, polterndes Album geworden.

Dass alles rumpelt und knarzt macht es zu einer wahren Sound-Fundgrube. Bei Songs wie “Under The Table” hat man regelrecht Angst um den armen Kontrabass, der in tonalen Graubereichen arbeiten muss. Bei “Relay” wiederum könnte man ein Audiophilen-Quiz veranstalten mit der Frage, welche Alltagsgegenstände als Percussion zweckentfremdet wurden. Der ganze Style des Albums wird auf dem Highlight “Shameika” in Reinform sichtbar: Als entspanntes Klavierstück gestartet, bricht der Song nach dem Intro, verliert sich in verschiedenen Rhythmen und Geschwindigkeiten und wird nur durch den A-Cappella-Refrain zusammen gehalten. Selten hat es so Spaß gemacht, einer Songwriterin dabei zuzuhören, wie sie den Bolzenschneider rausholt und zu einer Achterbahnfahrt durch all die weggesperrten Themen des Menschseins einlädt.
 

von Maximilian Heß

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