Album der Woche: James Elkington – Ever-Roving Eye

Album der Woche: James Elkington – Ever-Roving Eye

In einer virtuosen Triobesetzung aus Gitarre, Drums und Kontrabass generiert der Wahl-Amerikaner James Elkington auf seinem zweiten Soloalbum einen zeitlosen Folk, der mit pop-sozialisierten Hörgewohnheiten ebenso bricht wie mit gängigen Folk-Klischees.

Eigentlich scheint sich James Elkington hinter den Kulissen viel wohler zu fühlen als im Scheinwerferlicht. Zumindest gab er in den vergangenen Jahren mit Arrangementarbeiten für befreundete Musiker*innen wie Joan Shelly oder Nap Eyes eher das virtuose Genie aus dem Off. Mit “Ever-Roving Eye” erscheint nun aber ein zweites Soloalbum, auf dem der Gitarrist einen Folk-Sound entwickelt, der mit der harmoniesüchtigen Variante, die dem Genre vor etwa zehn Jahren zu einem Kurzrevival verhalf, so gar nichts zu tun haben will.

Dort wo seine bärtigen Kollegen von damals gestenreich und effektvoll Hallräume öffneten, wird man auf „Ever-Roving Eye“ mit krautig-klaustrophobischen Loops konfrontiert, deren sogartige Redundanz und bloße Geschwindigkeit einen augenblicklich schwindeln lassen. Auch vertrauten Harmonieschemata verweigert sich Elkington weitestgehend. Lagerfeuer-Romatiker*innen werden also maximal irritiert sein von dieser kauzigen Musik, die mehr Jazz ist als Folk.

Auch wenn man die Referenzen, in denen der Sound auf „Ever-Roving Eye“ wurzelt, nicht sofort benennen kann, erahnt man intuitiv, dass sich irgendwann in den 70ern die fransigen Enden dieser Musik zu komplexen Traumfängern verknoten. Ähnlich dem geistesverwandter Acts wie Ryley Walker oder Steve Gunn besticht Elkingtons Sound durch eine Zeitlosigkeit, die plumpe Innovationisten bestimmt für Angestaubtheit halten werden. Für die Hype-Müden unter euch bietet „Ever-Roving Eye“ jedoch den idealen Isolations-Soundtrack ohne digitale Nebelkerzen.

von Julian Tröndle

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Veröffentlicht am 1. April 2020

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