uniFM Halbjahres-Charts: Caribou vs. Tame Impala

uniFM Halbjahres-Charts: Caribou vs. Tame Impala

Das einzig Gute an 2020 ist die Musik. Um die besten Platten des bisherigen Jahres zu würdigen, stellen Redakteur*innen zwei ihrer Alben des Halbjahres gegenüber und müssen sich für eines entscheiden. Heute: Felix Kainzbauers Rückschau auf zwei sehr große Namen. 

Auf dem Papier haben Daniel Snaith, ein promovierter Mathematiker aus Kanada und Kevin Parker, ein australischer Uniabbrecher, ziemlich wenig miteinander zu tun. Hinter diesen sehr mundanen Namen stecken allerdings zwei der größten Namen der Indie-Club-Szene: Der Electronica-Act Caribou und das Posterchild des Psychadelic-Pops Tame Impala. Caribou hat sich über die letzten zwanzig Jahre zum gar nicht mal so geheimen Geheimtipp der Londoner Clubsszene avanciert. Tame Impala hingegen hat sich seit ihrem letzten Album Currents zu einer der erfolgreichsten Musik-Projekte der letzten Jahre aufgeschwungen. Zwei etablierte Größen der Indie-Tanzflächen, deren letzte Alben nun schon mehr als ein halbes Jahrzehnt in der Vergangenheit liegen. Im Februar diesen Jahres kamen sowohl Tame Impalas The Slow Rush als auch Caribous Suddenly nahezu zeitgleich auf den Markt. Zeit für einen Vergleich.

Suddenly, das siebte Album von Caribou, ist eine Kombination von introspektiven Reflektionen auf das persönliche Familienleben von Snaith und lebhaft melancholischen Dance-Grooves. Wobei es dem Album nicht gerecht wird es auf seine Betanzbarkeit zu reduzieren. Suddenly vereint Einflüsse aus Disco, House, RnB mit Trap und Shuffle-Beats ohne das es jemals nicht nach einem Caribou-Album anhört. Hier fühlt sich das Album wie eine organische Weiterentwicklung zu den vorherigen Releases Swim und Our Love an.

The Slow Rush ist eine nicht minder introspektive Gedankenreise Parkers, bei der er sich vor allem mit seinem neugefundenen Status als Berühmtheit auseinandersetzt. Das Album fühlt sich weitreichend anders an als das vorherige. The Slow Rush scheint um einiges entspannter als Currents und näher an den Wurzeln der Band im Psychadelic Rock. Oberflächlich wirkt das Album als würde es über die eine eigene Geschichte von Selbstreflektion und persönlichem Wachstum erzählen und wirkt dadurch sehr kohärent, aber auch sehr gleichförmig. Und genau da liegt das Problem:

The Slow Rush wirkt wie ein schönes Gemälde eines Sommerabends in einem wohldekorierten Museum. Suddenly hingegen ist der der schöne Sommerabend, mit all seinen Höhen, Tiefen, Gesprächen und Erlebnissen. The Slow Rush kann Spaß machen, jedoch wirkt das Album mehr, wie ein Hinweis auf die Gefühle, die es evozieren will als die wirkliche Emotion. Caribou’s Album kommt facetten- und abwechslungsreicher herüber ohne dabei etwas von seiner Kohärenz zu verlieren.

Obwohl The Slow Rush hervorragend produziert ist, ziehen die einzelnen Songs einfach an einem vorbei ohne wirklich hängen zu bleiben. Abgesehen von den Singles scheinen die meisten anderen Lieder beliebig und untereinander austauschbar. Durch dieses Gefühl der Belanglosigkeit, kann man sich nur schwer von dem Gedanken lösen, dass viele Lieder eigentlich nur als bessere Hintergrundmusik funktionieren. Die teilweise beliebig wirkenden Lyrics verbessern diesen Eindruck wenig. Und auch wenn Suddenly bei weitem keine perfekte Komposition ist, kann jedes einzelne Lied ohne Probleme für sich alleine stehen. Das Album wirkt dadurch um einiges facettenreicher und im Endeffekt interessanter als The Slow Rush

Im direkten Vergleich der Alben Caribou mit Suddenly und Tame Impala mit The Slow Rush, muss Kevin Parker den Kürzeren ziehen. Suddenly ist das bessere Album.

von Felix Kainzbauer

Hier geht es zu allen Rezensionen der Halbjahres-Charts!

Veröffentlicht am 20. Juli 2020

Empfohlene Artikel