Album der Woche: The Lemon Twigs – Songs for the General Public

Album der Woche: The Lemon Twigs – Songs for the General Public

Mit 13 Songs for the General Public liefern The Lemon Twigs verspätet den Sommersoundtrack 2020 ab. Auf ihrem neuen Studioalbum wandern die D’Addario-Brüder weiter auf dem schmalen Grat zwischen Referenz und Imitation.

Seit 2016 erinnert das Duo aus Long Island mit aufwendigem Retro-Pop an die großen Platten der 60er und 70er. Aufgenommen wurde in den legendären Electric Lady Studios. Damit reihen sich die Sänger und Multiinstrumentalisten in die großen Namen ihrer Klangvorbilder ein, wie David Bowie, Lou Reed, Bob Dylan oder John Lennon. Noch ein Grund, deren Songs weiter zu huldigen. So spielen die Lemon Twigs auf  “No One Holds You (Closer Than the One You Haven’t Met)” mit der spießigen Bürgertum-Romantik der frühen Beatles, inklusive der Doo Wop-Choräle über Akkordfolgen aus Blues und Rock’n’Roll.

Die Fab Four sind unverkennbar einer der größten Songwriting-Einflüsse des Duos. Doch auf Songs for the General Public macht der brave Beatles-Sound mehr und mehr Platz für Glam: Das beginnt schon beim Opener “Hell On Wheels” den man beim Nebenbeihören fast mit Marc Bolan oder Roxy Music verwechseln könnte. Auf “Hog” finden sich exaltierte Gesangspassagen über verspielten Harmonien, die wie eine Hommage an Bowie’s Hunky Dory klingen und in der ersten Single “The One” gipfelt die Hommage an den frühen Glam-Rock der 70er in einer Gitarrenhymne inklusive gefeiertem Dandytum im Musikvideo.

Bei diesem Feuerwerk an Referenzen stellt sich schnell die Frage, ob The Lemon Twigs eigentlich auch irgendwas neu machen, oder zumindest anders? – Nein. Alles, was auf Songs for the General Public passiert, gab es schon mal, vom Writing bis hin zur Produktion. Aber alles, was sie aus der Popkultur ziehen, ist so präzise eingespielt, so gerissen kombiniert und so emphatisch vorgetragen, dass das Duo sich mit Leichtigkeit aus dem Sumpf aus glattgebügeltem Retro-Popmist abhebt.

The Lemon Twigs scheinen die Zauberformel gefunden zu haben, die Essenz dessen, was wir an den Songs der 60er und 70er lieben, zu extrahieren. Und die verpacken sie in ihre eigenen Werke, ohne dabei nur faul zu zitieren. Ihr neustes Album ist zeitlos, laut und campy. Das macht das Songs For The General Public nicht nur zur Allzweckwaffe im CD-Regal, es beweist wieder mal, dass The Lemon Twigs zu den besten Retropoppern unserer Zeit gehören.

von Max Keefer

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Veröffentlicht am 18. August 2020

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