Album der Woche: The Flaming Lips – American Head

Album der Woche: The Flaming Lips – American Head

Sommerkinder teilen gerade ein Gefühl mit Morgenmuffeln: Nur noch ein bisschen länger bitte. Nur noch ein bisschen sommerlich-verstrahlte Sorglosigkeit, bevor es in die Dunkelheit des ersten Corona-Winters geht. Bitte. Dieses Lebensgefühl haben die Flaming Lips mit ihrem neuen Album American Head ziemlich gut eingefangen.

Die Band um Sänger Wayne Coyne gehört zum merkwürdigsten, was amerikanischer Psych-Pop je hervor gebracht hat: Seien es full-length-Cover-Alben von Pink Floyd oder den Beatles oder wilde Kollaborationen mit Stars wie Miley Cyrus. Die Flaming Lips waren oft zu weird für den Indie-Mainstream, haben mit ihrem Sound und großartigen Alben allerdings einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die heutige Indie-Szene genommen. Um so überraschender ist es, dass das neue Album, das in einer Zeit globaler Weirdness erscheint, eines der poppigsten Alben der Band seit langem ist. Zwischen entspannten Psychedelic Momenten und Space-Folk mit unendlichen Hallflächen erschafft das Septett aus Oklahoma City ein auf weirde Art konventionelles Album, das so auch von Morgan Delt sein könnte. 

Das heißt jedoch nicht, dass der Wahnsinn, der die Flaming Lips traditionell umgibt nicht immer wieder unter der Laid-Back-Fassade des Albums durch scheint. Beim großartigen “Mother, I’ve taken LSD” oder dem eskapistischen “When We Die When We’re High” zeigt sich deutlich, dass die Flaming Lips sich regelrecht Mühe geben müssen, sich den Gepflogenheiten des Pop anzupassen und ihr Album nicht zu einer exzentrischen Orgie der Sound-Radikalität werden zu lassen. 

Dieser Tanz auf der Klinge, immer zwischen den Abgründen des zu konventionellen und des zu absurden gelingt auf American Head außergewöhnlich gut, das gibt dem Album die richtige Mischung aus Entrückung und Pop-Appeal, das es zu einem klassischen leicht angedrogten Sommeralbum macht. Nur während des Corona-Herbsts. Und so ermöglicht es, in tristen und immer trister werdenden Zeiten den Kopf zumindest für eine Stunde auf eine bekiffte Wüstenwanderung zu schicken.

von Maximilian Heß

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Veröffentlicht am 16. September 2020

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