Album der Woche: Oceanator – Things I Never Said

Album der Woche: Oceanator – Things I Never Said

Alternative-Rock muss kein prolliges Relikt der 90er sein, sondern geht durchaus zusammen mit zeitgemäßen und emotional verwundbaren Texten. Ganz neu ist diese Erkenntnis nicht. Auf Things I Never Said, dem ersten Album von Oceanator, einem Projekt der Brooklyner Songwriterin und Multiinstrumentalistin Elise Okusami, wird sie aber noch einmal eindrucksvoll aufgerollt.

Auf seinen ersten fünf Songs lässt Things I Never Said den Hörenden kaum einmal eine Atempause. Stilistisch machen Oceanator es sich erst einmal in der Schnittmenge zwischen melodischem Indie-Pop und geradlinigem Punk bequem. Die Single „Heartbeat“ gerät zur Power-Pop Hymne, gleichermaßen energiegeladen wie eingängig. Dabei klingen Oceanator schwerer und grung-ier als Genrekolleg*innen wie The Beths. Tracks wie „Goodbye, Goodnight“ sind unverkennbar vom Geiste Kurt Cobains durchdrungen.

Die zweite Hälfte des Albums fällt experimentierfreudiger aus, aber auch ruhiger und reflektierter. Wären da nicht die düsteren Lyrics, hätte „Walk With You“, eine leichtfüßig-tänzelnde Jangle-Pop Nummer, das Zeug zum persönlichen verspäteten Sommerhit. „I Would Find You” ist der musikalisch ambitionierteste Track des Albums. Hier nehmen die Gitarren eine zurückgenommene Rolle ein, stattdessen schaffen breite Synthie-Wände und ein prägnanter Basslauf ein sattes Klangbild, durch das sich die Vocals von Elise Okusami förmlich hindurchschlängeln.     

Musikalisch ist Things I Never Said also sehr vom Indie vergangener Dekaden beeinflusst, allen voran den 90ern. Die Texte verwurzeln das Album aber fest in der Gegenwart. Wieder und wieder bedient sich Elise Okusami apokalyptischer Ikonografie, beschwört eine verdunkelte Sonne herauf und Abgründe, die sich in der Erde auftun. Zugegebenermaßen, im gegenwärtigen Indie sind das gerne genutzte Bilder. Meistens setzt Okusami diese aber sehr pointiert ein, wie in „Hide Away“. Der Song handelt einen Konflikt zwischen Selbstsuffizienz und gegenseitiger Abhängigkeit aus – vor der Szenerie einer untergehenden Welt.    

von Jonas Hägele

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Veröffentlicht am 8. September 2020

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