In Deutschland lebten im Jahr 2019 rund 18,7 Millionen Menschen alleinstehend. Zu ihnen gehört der Autor und Journalist Daniel Schreiber, der in seinem 2021 erschienen Buch „Allein“ eindrücklich schildert, wie sich sein Leben zunächst ungeplant und unerwartet zu einem Leben allein entwickelt hat, welche Vorzüge das Alleinsein bietet und welche schwerwiegende Rolle Einsamkeit doch immer wieder spielt.

Dabei gibt er nicht nur Einblicke in sein Privat- und Gefühlsleben, sondern verknüpft seine persönlichen Erfahrungen immer wieder mit kurzen Darstellungen philosophischer und literarischer Auseinandersetzungen rund um die Themen Freundschaft und romantische Beziehungen, die von Aristoteles und Hannah Arendt bis hin zu Joan Didion und Eva Illouz reichen.

Der Plan: Partnerschaft und Familie

In seinem Leben führte Daniel Schreiber unterschiedliche Beziehungen: Affären und Liebesbeziehungen, die von kurzer Dauer waren, als auch welche, die über Jahre bestanden. Selbst in Zeiten, in denen er keine Beziehungen führte, stand für ihn fest, wie seine Zukunft aussehen sollte: Er wünschte sich, sein Leben mit einem Partner zu teilen und gemeinsam Pläne zu schmieden.

Dieser Wunsch nach einer romantischen Beziehung, stellt er fest, ist wohl das, wonach sich die meisten Menschen in ihrem Leben sehnen. Er ist eng mit der Vorstellung von Glück und Erfüllung verbunden. Umgekehrt wird das Fehlen einer romantischen Beziehung als persönliches Scheitern erfahren und darauf zurückgeführt, dass man nicht attraktiv oder interessant genug ist. Dies betrifft nicht nur die Selbsteinschätzung, sondern auch die Beurteilung durch Außenstehende, die nach Erklärungen suchen, warum man in keiner Beziehung lebt.

Fest steht: Es gibt kein Patentrezept für ein gelungenes Leben. Das, was die Mehrheit heute unter einem „guten Leben“ verstehe, sei ein Konstrukt, das gesellschaftlich gewachsen sei. Auch abseits von Liebesbeziehungen und Familiengründung könne Erfüllung gefunden werden und es sei kein Scheitern, diesem Weg nicht zu folgen. Viele Aspekte unseres Lebens lassen sich schlicht nicht kontrollieren, so gerne wir dies manchmal auch hätten. Zwar hatte Daniel Schreiber nie davon geträumt, allein zu sein und dennoch mag er das Leben, welches er jetzt führt.

Die Bedeutung von Freundschaft

Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Nähe. Dieses Bedürfnis kann aber nicht nur durch romantische Liebe erfüllt werden, auch Freundschaften spielen dabei eine bedeutende Rolle.

Daniel Schreiber beschreibt Freundschaften als Zentrum des Lebens Alleinstehender. Freundschaften beruhen auf gegenseitigem Einverständnis, dem freiwilligen Wunsch, sein Leben mit jemandem zu teilen und gerne Zeit mit dieser Person zu verbringen. Sie können auf vielfältige Art und Weise bestehen, wichtig sei nur, dass sich Freund*innen gegenseitig Aufmerksamkeit schenken und bereit sind, den eigenen Horizont zu erweitern und zu wachsen. Freundschaften bestehen für ihn nicht in ihrer Idealform des gegenseitigen vollkommenen Verständnisses und ohne Konflikte, sondern vielmehr darin, dass man die andere Person in ihrer Andersartigkeit (an-)erkennt.

Einsamkeit

Dennoch, auch mit erfüllten freundschaftlichen Beziehungen, bleibt Einsamkeit eine Begleiterscheinung des Lebens Alleinstehender. In manchen Zeiten des Lebens fällt es einem leichter, allein zu sein und Einsamkeit nimmt, wenn überhaupt, nur einen kleinen Platz ein.

In den letzten beiden Pandemiejahren, die in „Allein“ auch behandelt werden, wurde wahrscheinlich für jeden von uns erfahrbar, dass Einsamkeit ein existentielles Gefühl ist. Manchmal können wir besser damit umgehen, zeitweise fällt es uns wieder schwerer. Gerade wenn man sich einsam fühlt, wird das Alleinsein häufig in Frage gestellt: Sind Freundschaften genug, um das Bedürfnis nach Nähe zu stillen? Führt nicht doch eine romantische Beziehung zu einem erfüllteren Leben?

Auf diese Fragen gibt es keine abschließenden Antworten. Sicher ist jedoch, dass Einsamkeit jeden von uns betritt, unabhängig von Freundschaften oder Partnerschaft. Daniel Schreiber knüpft ihr Auftreten an große Umbrüche in unserem Leben, beispielsweise Krankheiten, Tod oder das Ende von Beziehungen.

Allein sein: Kein Mangel.

Allein sein bedeutet also nicht automatisch, einsam zu sein. Allein sein stellt keinen Mangel dar. Das Leben allein ist ebenso wertvoll wie ein Leben in Partnerschaft. Es ist vielleicht ein Leben ohne romantische Liebe, aber kein Leben ohne Nähe, Freundschaft und wichtige Bezugspersonen. Letztlich ist das Leben – genauso wie die Beziehungen, die wir führen – facettenreich.

 

Quelle der Statistik: Destatis