Willkommen in Freiburg, Francesco! Die Idee von der Crucchi Gang kam ja von dir, beziehungsweise auch von Charlotte Goltermann und Sven Regener. Damals ging die erste Platte in die Startrunde. Das war zur Zeit der Corona Pandemie, als man mit eurer Musik auf dem Balkon von Italien träumen konnte. Wie war es für dich, jetzt mit dem Programm live zu gehen?

Das ist eigentlich das, was wir machen. Wir spielen immer – ob das jetzt unsere eigenen selbstgeschriebenen Lieder sind, Cover oder übersetzte Lieder. Für mich ist es so, wenn ich ein Lied schreibe, dann nehme ich das auf, um es live zu spielen. Das eine ohne das andere gibt es eigentlich für mich nicht. Andersrum genauso: Wenn man jetzt sagt, man schreibt ein Lied, spielt das live, dann ist für mich klar, dass man das irgendwann auch aufnimmt, weil man möchte es ja festhalten und man möchte es auch vor Leuten spielen.

Ist es so, dass du zuerst versuchst, die Texte zu übersetzen oder hast du zuerst eine musikalische Idee für die Covertracks?

Das ist ja so ein bisschen ein Familienprojekt, kann man sagen. Das heißt, ich fange dann schon an, mir ein Lied rauszusuchen. Man kann gar nicht genau sagen, nach welchen Kriterien das passiert. Sondern das ist irgendwie so ein Gefühl, was ich habe, dass ich denke: „Ah, dieses eine Lied von diesem einen Interpreten oder dieser Interpretin wäre toll auf Italienisch zu machen.“ Dann überlege ich mit Patrick zusammen – Patrick Reising, der das auch mit mir produziert und aufnimmt – in was für eine Richtung es gehen könnte. Gleichzeitig fange ich an, den Refrain zu übersetzen oder eine Strophe und dann skizziere ich das vielleicht im Handy. Dann nehmen wir mit der Künstlerin oder mit dem Künstler Kontakt auf und fragen, ob die da theoretisch Bock hätten. Und so nimmt das so seinen Lauf.

Du hast gerade schon gesagt, das ist ein Projekt, das ist eine wachsende Gruppe. Also die Gang, sag ich mal, ist jetzt auch mit dem zweiten Album Fellini noch mal gewachsen. Wie war die Erfahrung mit den neuen Artists, die dabei waren? Wie ist es gelaufen?

Das ist eigentlich immer spannend, weil man nicht weiß, was die Leute für einen Kontakt haben zum Italienischen und zur italienischen Sprache und ob das für sie eher was Fremdes ist, oder ob sie das eh schon sprechen. Manche sprechen spanisch, manche haben gar nichts damit zu tun. Deswegen ist es für mich immer bei jedem Stück und bei jedem neuen Künstler, jeder neuen Künstlerin total aufregend. Und es ist immer wieder komplett anders. Es ist total schön, wenn das Projekt wächst und wenn man immer mehr Songs hat. Am Ende hat man so ein Liederbuch.

Das erste Album war ja größtenteils poppig, jetzt kamen bei Fellini noch weitere Genre dazu. Die Neue Deutsche Welle mit dem Goldenen Reiter und die Hamburger Schule kamen dazu durch Tocotronic. Gab es da größere Schwierigkeiten als beim ersten Album?

Ich würde gar nicht sagen, dass es größere Schwierigkeiten gab als beim ersten Album. Ich würde sagen, dass die Songs dadurch, dass sie so unterschiedlich sind, immer völlig andere Herausforderungen mit sich bringen. Zum Beispiel das Lied von Tocotronic ist ganz anders, als so ein klassischer Popsong wie Der Goldene Reiter. Da ist die Phrasierung ganz klar und es sind nicht so viele Wörter. Aber Tocotronic ist sehr textbasiert. Das in eine andere Welt zu transportieren, ist eine ganz andere Herausforderung. Es ist eigentlich fast so, wie eine Erzählung zu übersetzen.

Und doch hat es ganz gut geklappt! Auch wenn man das vielleicht gar nicht in erster Linie erwartet.

Es gibt noch eine lustige Anekdote zu Tocotronic. Und zwar habe ich mich mit Dirk von Lotzow getroffen und hatte schon alles übersetzt und skizziert. Dann wollte ich von ihm wissen, ob das in seinem Sinne ist und habe gefragt: „Soll ich dir das alles zurückübersetzen?“ Man übersetzt ja nie eins zu eins. Für den Reim zum Beispiel variiert man, findet manchmal andere Sprachbilder. Und dann ist es manchmal ganz hilfreich, wenn man es zurückübersetzt und sagt: „Guck mal, das ist jetzt ein bisschen anders, aber es ist schon nah dran.“ Das habe ich Dirk gefragt, und er hatte gemeint: „Nö, er vertraut mir da und das sei ja sowieso hauptsächlich ein Spiel, das Lied. Und dann meinte ich, „Wie, was meinst du mit einem Spiel?“

„Ja, einfach so ein Spiel mit Z.“ Er hat einfach so viele Wörter, wie ihm eingefallen sind mit Z verwendet: Im Zweifel für den Zweifel. Und alles andere ist auch mit Z. Dann ist mir das zum ersten Mal aufgefallen. Ich habe dieses ganze Lied übersetzt, ohne zu merken, dass im Deutschen eigentlich fast alle Wörter mit Z sind und der Text überhaupt nur entstanden ist, weil er dieses Spielchen machen wollte.

Das ist sehr spannend!

Dir ist es auch nicht aufgefallen?

Nein! Mir ist das auch nicht aufgefallen. Ich hatte mit Sven Regener vor ein paar Tagen schon auf dem ZMF gesprochen und er hatte mir auch gesagt, bevor ein Song entsteht, braucht man immer erst mal eine Idee.

Ja und das war seine! Für mich hat das einfach, was er gesungen hat, Sinn gemacht. Und für ihn war es nur eine Fingerübung, sozusagen.

Sehr spannender Funfact, danke! Hast du eigentlich schon Pläne für die Zukunft? Welche Genre die Fans erwarten können?

Wir sind jetzt gerade an total coolen Sachen dran. Wir hatten zum ersten Mal Rap mit Fettes Brot. Und wir sind ein bisschen so an jüngeren Pop Artists dran. Das zweite, wo wir gerade mit arbeiten – und das ist auch total spannend – italienische Künstler*innen, die deutsche Songs auf italienisch singen. Das ist noch mal was anderes, weil es damit mehr dieses Kulturen-verbinden-Ding ist. Das werden dann eher Evergreens sein, also… Na ja, ich will da nicht zu viel verraten! Aber es wird auf jeden Fall noch was Interessantes geben.

Und es gab jetzt eine Sache, die Tristan Brusch und ich gemacht haben. Das wollen wir auch irgendwann raushauen, aber das wird wahrscheinlich nicht auf der nächsten Crucchi Gang Platte landen. Vielleicht machen wir das außerhalb dessen. Wir haben die andere Richtung probiert und einen italienischen Song auf Deutsch gemacht, also auf Deutsch übersetzt.

Das wäre tatsächlich meine letzte Frage gewesen, ob das umgekehrt auch funktionieren könnte. Zum einen: Könnte man Italo-Pop, Gianna Nannini oder auch Adriano Celentano ins Deutsche übersetzen? Oder weitergedacht, könnte man Liedermacher, wie Fabrizio de André oder Franco Battiato, könnte man die auch covern?

Na klar! Also das Übersetzen ist ja von daher interessant. Es gibt diesen berühmten Spruch. Ich weiß nicht, von wem. Der heißt: „Traduttore, traditore“, also Übersetzer, Verräter. Das ist ein bisschen negativ ausgedrückt. Was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass man mit dem Übersetzen oft weit weg vom Original geht. Es gibt auf der einen Seite praktisch eine Gefahr, dass es nicht mehr der Song ist, und auf der anderen Seite gibt es eine Chance, dass es ein neuer Song wird. Und da muss man halt immer überlegen, in welche Richtung man geht. Battiato zum Beispiel ist da ein Extrem. Wenn man Battiato nehmen und auf Deutsch singen würde, könnte ich mir vorstellen, dass das eher in die Richtung ein-anderer-Song wäre. Wenn man jetzt zum Beispiel Fabrizio de André nehmen würde, da gibt es schon deutsche Entsprechungen.

Da gibt es so Leute wie Degenhardt, Biermann und Reinhard Mey, also die deutschen Liedermacher, die sind schon sehr verwandt mit de André. Und bei Battiato gibt es nichts, was ähnlich ist in Deutsch. Das heißt, wenn man das übersetzen würde, würde wahrscheinlich schon was ganz anderes bei rauskommen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall. Weil das ist ja das, was Spaß macht und das, was auch die Kulturen verbindet, dass alle Richtungen möglich sind sozusagen.