Hallo Ferdinand Kwaku Tenda (aka ORIGINAL MYSTIC ALPHA), du bist ghanaischer Reggae-Musiker, Künstler, und Produzent. An der Universidad de Valencia lehrst du traditionell afrikanische Musik, beim IC Freiburg gibst du Musik-, Tanz- und Percussionkurse. Was ist deine Rolle in der Freiburger Ortsgruppe von Black Lives Matter (BLM)?

Ich habe die Ortsgruppe am 25. Mai 2020 gegründet, nachdem George Floyd in Amerika gelyncht wurde. Als ich die Nachrichten gehört habe, habe ich mir gesagt: Es reicht. Schwarze Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte müssen jetzt „Nein“ zu Diskriminierung und Demütigung durch Polizei und Gesellschaft sagen. Deshalb habe ich die Bewegung nach Freiburg gebracht.

Die BLM-Bewegung ist – wie der Name sagt – in erster Linie eine Protestreaktion auf institutionelle und polizeiliche Gewalt gegen Schwarze Menschen. Inwieweit geht es auch um alltäglichen Rassismus, etwa auf dem Wohnungsmarkt?

Alltagsrassismus ist auf einem Hoch in Freiburg, jedoch auf eine unterschwellige Art. Es scheint, als wären die Menschen Profis darin, ihren Rassismus zu verstecken. So können Nicht-Betroffene ihn nicht erkennen. Ich sage nicht, dass alle Freiburger*innen rassistisch sind, ich bin mit vielen Weißen gut befreundet. Doch gibt es Menschen, die auf Basis von Hautfarben urteilen. Ich bin Schwarz, das heißt aber nicht, dass ich weniger intelligent bin als meine weißen Mitbewerber*innen, wie oft angenommen wird. Auf der Wohnungssuche ist es für Nicht-Deutsche deshalb sehr schwierig.

Wie äußert sich Rassismus auf dem Wohnungsmarkt?

Bei der Wohnungssuche läuft es so, und da spreche ich für Schwarze Menschen insgesamt: Ich finde eine Anzeige, etwa in der Zeitung, und rufe an. Sobald die Vermieter*innen meine Stimme hören und dass ich kein perfektes Deutsch spreche, werde ich als Ausländer abgestempelt. Auch mein Name trägt dazu bei. An diesem Punkt ist die Entscheidung meist schon getroffen, ich werde den Wohnraum nicht bekommen. Manche versprechen einen Rückruf oder einen Termin, doch sie melden sich nicht zurück. Diejenigen, die ihren Rassismus verstecken wollen, laden einen zur Besichtigung ein. Doch ich komme in dem Wissen, dass der deutsche oder europäische Mitbewerber den Vertrag kriegen wird. Bei der nächsten Wohnung läuft es genauso, auch bei Wohngemeinschaften. Sie nehmen mich nicht, weil ich Schwarz bin. Das sagt aber keiner!

Genau das bestätigt eine Studie der Bundesregierung: Schon beim Telefoncasting für eine Wohnung, insbesondere aber beim Face-to-Face Testing werden nichtmehrheitsdeutsche Bewerber*innen rassistisch diskriminiert. Auch sichtbare Religionszugehörigkeit, etwa das Tragen eines Hijabs, führt zur Benachteiligung gegenüber vergleichbaren Mitbewerber*innen. Dieser Effekt ist auf angespannten Wohnungsmärkten verstärkt zu beobachten.

Das kann sehr wehtun. Ich sehe einen weißen Mann oder eine weiße Frau vor mir, mit denselben Qualifikationen oder sogar weniger. Es ist ja nicht so, als käme ich „aus dem Busch“, ich komme aus Accra. Ich spreche Französisch, Englisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch. Wenn es um Kultur oder Intelligenz geht, bin ich reicher als meine Mitbewerber*innen. Auch, dass ich für meine Bildung nach Deutschland gekommen bin, ist eine Leistung. Doch die Vermieter*innen sehen diese Qualifikationen nicht als wertvoll an. Sie denken, ich hätte ein Geheimnis, weil ich in einer anderen Sprache spreche.

Denkst du, das Misstrauen stammt von diesen Vorurteilen?

Ganz genau. Alle sprechen von Integration, meinen es aber einseitig. Integration muss auch mir erlauben, meine Kultur und Sprache einzubringen. Wir sind die Entertainer, die ihr so liebt. Wir sind diejenigen, die euch zum Lachen bringen. Wir sind keine Spielzeuge. Wenn jemand die Zeit hat, gegen mich zu diskriminieren, würde ich der Person raten: Verbringe erstmal zwei Minuten damit, mich kennenzulernen.

Gibt es innerhalb von Black Lives Matter eine Art Forum, wo diese Erfahrungen geteilt werden können?

Nicht speziell dafür, aber wir haben eine gemeinsame Plattform. Wir haben Whatsapp- und Facebookgruppen, in denen wir uns austauschen. Außerdem kooperieren wir mit verschiedenen Organisationen, die sich für Menschenrechte einsetzen, etwa Aktion Bleiberecht. Und wir suchen immer nach Menschen, die nicht rassistisch sind und uns unterstützen. Menschen, die nicht nach schwarz, weiß, blau, grün, gelb unterteilen, sondern an eine geeinte Welt glauben.

Es fehlt uns allerdings eine Art kulturelles Zentrum, in dem Schwarze Menschen zusammenkommen und ihre Talente zeigen können. Wenn wir beispielsweise eine Feier organisieren wollen, ist das Finden einer Location immer schwer.

Gab es seit Gründung der Bewegung in Freiburg und weltweit Veränderungen zum Positiven?

Ja, seit ich BLM hier gegründet habe, haben sich einige Dinge verbessert. Wir haben zum Beispiel mit dem Migrant*innenbeirat ein Gremium, das uns in amtlichen Angelegenheiten vertritt und uns eine Stimme verleiht. Um die Schwarze Community zu stärken, haben wir einige Schwarze Menschen in den Beirat gewählt. Unterstützung bekommen wir auch von der Antidiskriminierungsstelle in Freiburg, mit denen wir regelmäßig sprechen. Aktuell ist unser gemeinsames Ziel, mit dem Bürgermeister über die Bedürfnisse und Wünsche der Schwarzen Community in Freiburg zu sprechen, etwa über ein Afrika-Zentrum.

Was muss in Freiburg passieren, damit der Wohnungsmarkt gerechter wird?

Ich denke, wir müssen mit der Stadtverwaltung sprechen und erklären, wie es uns ergeht. Dann muss sich etwas ändern, damit die Diskriminierung endlich aufhört.

Hinweis der Redaktion: Das Interview wurde auf Englisch geführt und übersetzt.