Im Gespräch über das Studentenleben ihrer Sprösslinge stellen Mami und Papi oftmals erschrocken fest: Die armen Kinderlein sind stets knapp bei Kasse, ernähren sich hauptsächlich von Nudeln mit Pesto und das Einzige, was regelmäßig auf dem wackeligen Schreibtischstuhl hockt, ist ein müffelnder Wäschehaufen. Es scheint so, als bestehe das Studierendendasein ausschließlich aus: Prokrastination, Party, Proteste sowie Arbeitslosigkeit, Abgabetermine und Alkohol.

Natürlich sind all das nur haltlose Vermutungen der Eltern – werden die Geldgeber des Studiums doch nur sporadisch mit echten Updates aus dem Leben ihrer Nachkommen gesegnet: Das höchste der Gefühle ist maximal ein alibi-angemessenes Bild einer Kaffeetasse in der von Nachwuchs-Seite stummgeschalteten Familien-WhatsApp-Gruppe.

Denn überraschenderweise finden sich täglich hunderte „lernwillige“ Menschen in Freiburgs Bibliotheken zusammen. Beim Erarbeiten von ECTS sind die Studierenden dabei neben dem Flugmodus vor allem auf eines angewiesen: Kaffee. Der wiederbelebende Rettungsanker in Tassenform zwingt zur eisernen Einhaltung dringend benötigter Pausen im buchfreien Erdgeschoss. Schließlich sind die oberen UB-Stockwerke erklärtes Tabu-Territorium für Heißgetränke.

Im Uni-Café trinken die Einen den Bohnen-Trunk schwarz, die Anderen mit „echter” Milch, und die viel Besseren greifen selbstverständlich zur Hafermilch. Am schlimmsten sind indes jene Studierenden, die den Akt des Kaffeetrinkens verdrehen und anstatt koffeinhaltiger Plörre nur soziale Kontakte konsumieren. Das geübte Schlürfen unter Studierenden ist die frühe Stufe von „Kaffee und Kuchen”, in jungen Jahren allerdings noch gefürchtet durch schier endlos lange Nachmittage bei den Großeltern.

2.000 blutdruckerhöhende Tassen Kaffee gehen jeden Tag über die Theken der Freiburger Uni-Cafés. Das entspricht auch präzise der Anzahl von Freunden, die jeder Freigetränk-Jäger urplötzlich beim Anblick der langen Schlangen vor den Ausgabestellen hat. Findet sich auch nur ein flüchtig bekanntes Gesicht, wird sofort die Chance ergriffen, um im Warte-Wirrwarr weiter nach vorne zu drängeln. Hier zeigt sich, wer im anstehenden Berufsleben erfolgreicher Networker sein wird.

Um als schlangenabkürzender Smalltalk-Kandidat infrage zu kommen, reicht bereits einmaliges Anrempeln auf einer WG-Party vollkommen aus. Die erzwungene Plauderei dauert in den meisten Fällen nicht lange und unangenehme Stille kann mit lautem Nachdenken über die Bestellung überbrückt werden – höchstwahrscheinlich wird es Kaffee.

Warum greifen Freiburgs Studierende zur Kaffeetasse?

uniCROSS hat nachgefragt, welche Bedeutung das Bohnen-Getränk für euch hat.

In der Freiburger Innenstadt gibt es mehr als 80 Alternativen zu Libresso, Senkrecht und Co. Warum also nehmen Studierende lange Schlangen, lästigen Smalltalk und ein fragwürdiges Interieur in Kauf? Neben kurzen Laufwegen spielt vor allem das Zahlungsmittel eine Rolle: die Freiburger Unicard.

Das blau-weiße Plastikkärtchen scheint nämlich eine Limit-freie Kreditkarte zu sein. Ein einfaches „Aufwerten bitte” bringt Pleitegeier zurück aus der Privatinsolvenz. Zu leicht, zu schnell, zu problemlos lässt sich das Kaffee-Konto damit aufladen. Mit der Unicard kaufen sich drei Tassen Kaffee so schmerzlos wie neue Klamotten mit Papas Kreditkarte – perfekt für klamme Studierende.

Da sollen die Eltern doch sagen, dass Studierende aus ihrem Studium nichts mitnehmen. Vergessene Vorlesungsinhalte werden eben mit kameradschaftlichem Kaffeeklatsch kompensiert. Und die zahlreichen Café-Besuche qualifizieren zur routinierten Verwendung zukünftiger Bürokaffeemaschinen. Die Uni bildet also kompetente und koffeintrainierte Pausengänger aus – bereit für das Leben nach dem Studium.

Was macht Kaffee mit uns? Ein Expertengespräch.

Wie viele Tassen sind gesund, zu welcher Uhrzeit soll Kaffee getrunken werden und wo liegt das Koffein-Limit? Ernährungsexpertin Christina Leuchtenberg von der Freiburger Uniklinik beantwortet Fragen zum Kaffeekonsum.

Eine Gemeinschaftsproduktion von Antonia Olesch, Jannis Kelemen, Amelie Franz und Johanna Johannsen im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft. Seminarleitung, Redaktion: Ada Rhode, Andreas Nagel, Philip Thomas.