Gleich mit dem Opener „Le Roi Soleil“ senkt der 29-Jährige den Puls seiner Hörer*innen mit einer fast hypnotischen Dub-Nummer. Verträumte, teils dadaistische Texte laden dazu ein, in seine innere Welt einzutauchen.
Gleich danach nimmt er sein Publikum mit zu den Wurzeln seines Herzschmerzes: Mit wummernden und in die Höhe gezogenen Synthies besingt er in „Tu me nargues“ („Du verhöhnst mich“) eine vergangene Liebe. Der melancholische Track geht fließend über in den tanzbareren „Nouveau départ“, in dem er vom Mut singt, nochmal ganz von vorn anzufangen.
Diese Reise der Heilung führt uns raus aus dem Schmerz und hinein ins Leben: In „C’est si beau“ klingt der Beat wie ein regelmäßiger Tritt in die Fahrradpedale – und Miel nimmt uns mit in die Natur, genießt Sonne auf der Haut, Wind im Gesicht und lernt wieder, seine Umwelt mit kindlicher Begeisterung wertzuschätzen.
Doch natürlich verläuft der Heilungsprozess nicht linear. In „Des heures“ lebt er den Albumtitel wörtlich: „Ça fait des heures que je pleure, ouin ouin ouin ouin“ („Ich weine seit Stunden“). Auch in „Aïe“ singt er schmerzhaft ehrlich: „Aïe, l’amour fait mal“ – „Aua, die Liebe tut weh.“
Trotzdem lässt er sich nicht unterkriegen. Im zarten Duett „J’ai choisi“ mit Sängerin Elisa Difallah besingt er seine Entscheidung, das eigene Leben so zu gestalten, wie es ihn selbst erfüllt. In „Je plonge“ („Ich tauche“) zieht er einen klaren Schlussstrich: „J’en ai marre des chagrins d’amour“ – „Ich habe genug vom Liebeskummer“. Stattdessen widmet er sich Kunst, Musik – und der Poésie, wie er es im gleichnamigen Track liebevoll besingt.
Und was kommt nach dem Liebeskummer? Miel scheint sich frisch verliebt zu haben – „Fou de toi“ („Verrückt nach dir“) ist ein euphorischer Indiepop-Track, wie aus der französischen 2000er-French-Indie-Schule à la Phoenix, voller Leichtigkeit und Aufbruch, in dem er die berühmte hormongesteuerte Honeymoonphase beschreibt, in der man die ganze Zeit diese eine Person gar nicht mehr aus dem Kopf bekommen kann.
Mit „Ouin Ouin“ hat Miel de Montagne ein Album geschaffen, das den emotionalen Zickzackkurs eines gebrochenen Herzens einfängt – ehrlich, verspielt, sanft und stark zugleich. Zwischen Selbstfindung, Selbstakzeptanz und bittersüßer Melancholie gelingt es ihm, Schmerz und Euphorie nebeneinander stehen zu lassen. Eine zarte Form von musikalischer Selbsttherapie – ein farbenfrohes, tiefgründiges Pop-Album.