Der Begriff “Love Languages” beschreibt, auf welche Art jemand Liebe ausdrücken oder empfangen mag. Ob durch Körperkontakt, Zuspruch oder Geschenke – die Präferenzen sind individuell. Anne und Lucie haben sich gefragt, wie Love Languages sich je nach Kultur unterscheiden. Dafür haben sie mit drei Erasmus-Studentinnen in Freiburg gesprochen.

Lea, Erasmus-Studentin aus Kroatien, studiert Englisch auf Lehramt

Lea aus Kroatien gibt Freundinnen einen Kuss zur Begrüßung

Hallo Lea, wie zeigst du Zuneigung?

Meine Art, Zuneigung zu zeigen, ist hauptsächlich Zeit mit Menschen zu verbringen. Auch Lächeln und andere Gesichtsausdrücke sind mir sehr wichtig. Wenn ich durch Körperkontakt meine Liebe zeigen will, umarme ich Menschen vor allem gerne oder mache andere kleine Gesten, wie den Arm berühren oder die Hand nehmen oder so.

Wie bist du das in Kroatien gewohnt?

In Kroatien ist nichts explizit verboten, was den Ausdruck von Zuneigung angeht. Es gibt ein paar nicht-festgeschriebene Regeln, wie „zwei Küsse auf die Wangen sind für Familienmitglieder und Verwandte, aber nicht für Freundinnen und Freunde“. Mit meinen Freundinnen machen wir es aber oft so, dass wir unsere Zuneigung durch einen Kuss auf die Wange zeigen, ansonsten ist es unter Freunden am üblichsten, sich zu umarmen.

Was ist dir aufgefallen, als du nach Deutschland gekommen bist?

Als ich nach Deutschland gekommen bin, hat es mich total überrascht, dass Menschen ganz öffentlich in den Clubs oder auf der Straße rumgemacht haben. Meine Freunde hier waren total überrascht, dass ich so überrascht war. Außer einem Mädchen aus Großbritannien, die es scheinbar auch nicht gewohnt war. Sich in der Öffentlichkeit zu küssen, ist einfach nicht üblich in Kroatien. Ich weiß gar nicht, wann oder ob ich überhaupt mal Menschen in Kroatien in der Öffentlichkeit küssen sehen habe, abgesehen von einem kleinen Kuss. Die Leute würden dann sagen: „Nehmt euch ein Zimmer!“ Aber hier in Deutschland machen es die Menschen einfach. Es ist ihnen egal und andere Leute gucken einfach nicht.

Dieses Klischee über Deutsche, dass sie so steif und kalt sind, stimmt vielleicht für die älteren Menschen. Aber alle jüngeren, die ich hier in den letzten 2 Monaten kennengelernt habe, haben mir gezeigt, dass das definitiv nicht der Fall bei allen ist. Die jungen Leute sind total anders. Sie sind sehr „social“, sie versuchen höflich und freundlich zu sein – noch mehr als ich erwartet hatte. Es haben mir schon mehrere Mädels Komplimente zu meinen Outfits gemacht, wenn wir in Clubs waren – das passiert in Kroatien nicht. Dort sagt zwar nie jemand: „Das darfst du machen und das nicht“, aber durch die Reaktion wird klar gemacht, was man machen sollte und was nicht.

Argi, Erasmus-Studentin aus dem Baskenland in Spanien, studiert Geschichte

Argi aus Spanien ist viel Körperkontakt gewohnt

Hallo Argi, wie zeigst du Zuneigung?

Ich zeige Zuneigung, indem ich Menschen umarme. Auch Fremde. Meine Freunde umarme ich immer und kuschle mit ihnen, das ist für uns normal in Spanien. Manche Menschen fühlen sich etwas zu wohl, dich zu berühren, aber das ist für uns nicht schlimm. Die stärkste Verbindung habe ich mit meinen Freundinnen und Freunden – also auch den meisten Körperkontakt. Meine Familie umarme ich meistens und gebe ihnen zwei Küsse auf die Wangen.

Was ist dir aufgefallen, als du nach Deutschland gekommen bist?

In Deutschland habe ich bis jetzt erlebt, dass die Menschen sehr zurückhaltend sind. Auch wenn ich Leute schon gut kenne, habe ich viele von ihnen noch nie umarmt. Es ist einfach nicht passiert. In der Hinsicht würde ich schon sagen, dass dieses deutsche Klischee stimmt. Selbst wenn ich manchmal umarmt werde, ist es keine feste Umarmung, sondern eher nur eine kleine. Wenn man die Leute kennenlernt, sind sie nicht kälter, aber es herrscht generell schon mehr Distanz. Bei mir Zuhause ist Rummachen auf Partys mit Freunden oder Menschen, die ich mag, voll normal, aber hier wird man direkt gefragt: “Magst du sie? Magst du ihn?” Ich war überrascht, dass ich einige Leute getroffen habe, die diese Fragen nicht stellen und ich bin sehr glücklich darüber.

Als Argi reingekommen ist, hat sie Anne von uniCROSS die Hand gegeben. Die beiden kennen sich nicht und haben sich an diesem Tag zum ersten Mal getroffen. In Spanien wäre an dieser Stelle eine Umarmung für Argi die normale Form der Begrüßung, erzählt sie uns.

Tilda, Erasmus-Studentin aus Schweden

Tilda aus Schweden kann das Klischee der “kalten Deutschen” nicht bestätigen

Hallo Tilda, wie zeigst du Zuneigung?

Ich denke, eine einfache, nette Art Zuneigung durch Körpersprache zu zeigen, ist Lächeln. Sonst umarme ich auch gerne. Also wir zeigen Zuneigung hauptsächlich durch Umarmungen, Lächeln und zum Beispiel eine kleine Berührung am Arm und so. Und auch, indem wir Menschen zustimmen. Wenn jemand traurig ist, zu sagen: „Ich verstehe dich“, und zu nicken. Also viel mit Körpersprache.

Wie bist du das in Schweden gewohnt?

Wenn ich jetzt Freunde von Freunden kennenlernen würde, würde ich sie immer umarmen. Bei meiner Familie wäre das anders. Wir würden uns nicht umarmen, weil wir ja im Grunde schon wissen, dass wir uns lieben. Umarmungen sind also eher für neue Leute in deinem Leben und die Freunde, denen du nahestehst, aber vielleicht nicht so nahe wie deiner Familie.

Was ist dir aufgefallen, als du nach Deutschland gekommen bist?

Ich glaube, dieses deutsche Klischee von wegen „die Deutschen sind kalt und steif“ stimmt nicht unbedingt, also nicht für die jüngeren Generationen. Alle meine Freunde hier in Deutschland sind sehr lieb, warmherzig und freundlich. Was ich von den älteren Generationen mitgekriegt habe, zeigt mir, dass sie vielleicht eher ein bisschen kalt sind.

Ich würde sagen, es gibt keine großen Unterschiede im Ausdruck von Zuneigung in Deutschland und in Schweden. In Schweden ist es nur eher so, dass Menschen ihre Zuneigung zeigen, indem sie sehr mitfühlend und enthusiastisch sind. Ich habe diese Art von Enthusiasmus hier noch nicht gesehen, aber ich glaube, das gilt nicht allgemein. Es könnte aber auch daran liegen, dass die Leute aus Schweden wollen, dass Andere Gutes über sie denken und sie deshalb immer sehr höflich sind, und das kann ja auch als nicht wirklich aufrichtig rüberkommen. Es hat also gute und schlechte Seiten.

Sich auf der Straße zu küssen, im Club rumzumachen oder Zuneigung auf ähnliche Art zu zeigen, ist in Schweden sehr normal. Also war das kein Schock für mich, als ich hierhergekommen bin. Wenn es um solche Dinge geht, würde ich sagen, sind wir sehr offen. In anderen Dingen sind wir sehr zurückhaltend – ich meine, wir sind bekannt dafür, sehr zurückhaltend zu sein – und ich glaube, da sieht man den Unterschied zwischen dieser Norm, dass Menschen aus Schweden sehr zurückhaltend sind und der Tatsache, dass aber trotzdem in Clubs und an anderen Orten rumgemacht wird. Also es kommt immer auf den Kontext und die Umgebung an, denke ich.

Und wie international sind Love Languages nun?

Die Art Liebe auszudrücken kann in verschiedenen Kulturen also ganz unterschiedlich sein, aber trotzdem verstehen wir sie untereinander. Anne von uniFM hat die Love-Languages der drei Erasmus-Studentinnen mal miteinander verglichen – gibt es nur Differenzen oder haben sie auch etwas miteinander gemeinsam?