
Hey Ziska, du bist selbst leidenschaftliche Snowboarderin, was sich auch in deinen Illustrationen widerspiegelt. Mit deinem Kunstprojekt „support your local girl gang“ unterstützt du FINTA* in der Freestyle-Szene. Wie bist du auf die Idee für das Projekt gekommen?
Das war 2018, als ich angefangen habe, mehr im Park zu fahren. Ich habe gemerkt, dass es kaum andere Frauen gab, die dort Snowboard fuhren und wenn, dann waren sie oft allein unterwegs oder angehängt an Männer-Crews. Das ist auch cool, aber ich habe damals einfach noch keine Frauengangs gesehen, die sich gegenseitig pushen und motivieren. Deshalb war die Grundidee, eine fiktive Girl-Gang zu kreieren und sie auf Sticker und Klamotten zu drucken, als Message-Träger, damit sich die Message verbreitet.
Welche Message verfolgst du denn mit deiner Kunst?
Die Message ist: Tut euch zusammen und fahrt Snowboard! Oder Freeski, das ist egal! Mir ist einfach aufgefallen, dass die Frauen noch nicht so sichtbar waren in den Freestyle-Sportarten und das war die Grundmotivation.
Die Charaktere in deinen Bildern sind einfach ‚mega-cool‘, sie haben wilde Haare, Tattoos und Piercings und es kann auch mal ein Zahn fehlen. Woher nimmst du die Inspiration für deine Illustrationen?
Grundsätzlich sind meine Figuren immer eine Mischung aus Vorbildern, die real sind, also Idolen oder Leuten aus meinem Freundeskreis, immer gemischt mit meinen eigenen Vorstellungen von Snowboarderinnen. Es kann auch eine Mischung aus mehreren Personen sein. Ich sammle in meinem Kopf Inputs und dann vermische ich die und mache etwas Neues draus.
Was macht eine Girl Gang für dich aus?
Girl Gang heißt natürlich nicht nur Girls, sondern für mich gehören da alle FINTA*-Menschen dazu. Also alle, die in unserer Gesellschaft einfach mehr kämpfen und leisten müssen, um sichtbar zu sein und dasselbe erreichen zu können wie cis-Männer. Für mich ist eine Girl-Gang einfach zwei, drei dieser Menschen, die Spaß haben, gemeinsam Dinge zu unternehmen.
Was macht das Snowboarden in einer Girl Gang so besonders?
FINTA*-Menschen untereinander können sich gegenseitig super pushen. Mit Männern ist es auch sehr cool, aber bei Girl Gangs ist es einfach gspüriger. Ich finde, das ist das Besondere, dass man auch gegenseitig auf Ängste eingeht. Männer sind eher so: ‚Mach einfach!‘ und ‚All in!‘. Bei Girl Gangs ist mehr Gespür dafür da, wie weit man sich gegenseitig pushen kann und wann es eher emotionalen Support braucht, weil gerade eine aus der Gang eine Blockade hat.
Das klingt so, als ob jede*r eine Girl Gang brauchen könnte. Hast du einen Tipp, wie FINTA*-Personen ihre eigene Girl Gang finden können?
Es gibt da kein richtig oder falsch, aber meine Erfahrung ist: Wenn du einfach tust, worauf du Lust hast und dich an den Orten dafür bewegst, dann triffst du automatisch Leute, die zu dir passen. Das braucht am Anfang ziemlich viel Mut, aber es lohnt sich!
Wie kann man Snowboarder*innen unterstützen, die sich zum Beispiel noch nicht in den Snowpark trauen?
Ich glaube, es hilft auch immer, davon zu erzählen, was du machst und worauf du Lust hast, eigentlich egal ob bei einer Sportart oder anderen Sache. Dann bekommst du von anderen mit, die das vielleicht auch schon lange mal ausprobieren wollten, sich aber nicht getraut haben. Dann kannst du diese Leute mitnehmen und es ihnen einfach mal zeigen. Sich so gegenseitig die Angst zu nehmen ist einfach etwas Schönes.
Durch unsere soziale Prägung haben gerade weiblich gelesene Personen eher noch dieses Gefühl von „Ich traue mich nicht, weil ich dann verurteilt werde, wenn ich das nicht kann“ und männlich gelesene Personen probieren eher einfach aus, ohne viel zu überlegen. Ich hatte immer solche Zweifel, wenn ich was Neues angefangen habe und war froh um Menschen, die als Andockstellen da waren und mir zeigten, dass dich niemand verurteilt, wenn du anfängst, sondern sich eher freuen.
Du bist schon seit 14 Jahren aktiv in der Snowboardszene unterwegs und setzt dich mit deiner Kunst für mehr Sichtbarkeit für Frauen im Schneesport ein. Konntest du in der Zeit eine Veränderung in dem Bereich feststellen?
Ich finde schon. Ich denke jetzt nicht wegen mir allein, aber es hat sich eine richtige Bewegung entwickelt und immer mehr Frauen trauen sich in die Parks und gehen zusammen fahren. Besonders in den letzten paar Jahren ist die Sichtbarkeit für FINTA*-Menschen in den Freestyle Sportarten noch mal größer geworden und der Prozess hat sich beschleunigt. Es gibt viele Gruppen, die das weiter pushen, wie zum Beispiel: „The Uninvited“, „Superfriendlysociety“, „Chixxsonboard“, „Rockundrollas“, und so. Und die Sichtbarkeit in den sozialen Medien ist viel größer als früher, vor allem auch durch einige reine Frauen Edits und es gab vor kurzem eine Doku auf SRF über das Thema. Die fiktive Girl Gang ist also lange nicht mehr nur fiktiv! Das hat sich schon sehr zum Positiven entwickelt und ich bin froh, einen kleinen Teil zu dieser Bewegung beizutragen.
uniCROSS beschäftigt sich aktuell mit dem Thema Female* Empowerment. Was bedeutet Female* Empowerment für dich?
Dazu gibt es zu viel zu sagen, aber ich nenne mal zwei Aspekte. Ein Aspekt ist sicher die Sichtbarkeit, das ist ja mein Hauptding, also mehr Sichtbarkeit für Frauen in Bereichen, die immer noch männerdominiert sind. Und vor allem auch, dass Frauen mehr Positionen mit Einfluss bekommen als Trainerinnen im Wettkampfbereich zum Beispiel oder als Entscheidungsträgerinnen, damit die Stimmen von Frauen auf dem gleichen Level sind wie jetzt die der Männer.
Und das andere ist, dass du als Frau immer noch viel mehr leisten musst, um gesehen und ernst genommen zu werden. Für mich ist Female* Empowerment, wenn dieses Gefälle nicht mehr fühlbar ist. Das ist aber noch ein langer Weg.
Viele haben dieses Umdenken schon und geben sich Mühe. Ich finde, das ist in der Szene immer mehr spürbar. Gesamtgesellschaftlich ist es aber immer noch ein Riesenproblem. Da muss noch einiges passieren.