“Vielfalt von Menschen und Perspektiven hilft, Wissenschaft zu verbessern”, betont Ute Zimmermann. Im Rahmen des sogenannten Diversity Audits nimmt die Leiterin der Stabsstelle “Chancengleichheit, Familie und Vielfalt” an der TU Dortmund deshalb auch die Universität Freiburg unter die Lupe. Ziel des Audits ist es, “Vielfalt, Chancengleichheit, Teilhabe und Zugehörigkeit” an der Hochschule zu stärken.
Das Freiburger Audit startete im vergangenen Herbst. Entwickelt wurde der rund zweieinhalbjährige Prozess im Jahr 2010 vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. “Die Ziele sind immer anders”, berichtet die von der Universität Freiburg berufene Zimmermann. Jede Hochschule habe ihren eigenen Ausgangspunkt. “Die Begleitung durch die Auditor*innen ist immer der Blick von außen. Man wird beobachtet, das schiebt einen ein bisschen an”, erklärt Zimmermann.
Nach Abschluss des Audits erhalten teilnehmende Hochschulen ein drei Jahre lang gültiges Zertifikat vom Stifterverband. Bisher sind 84 Hochschulen zertifiziert. Sieben durchlaufen aktuell das Audit. Zimmermann hat bisher acht Universitäten begleitet.
Im Breisgau musste sie nicht bei null anfangen. “Diversity ist kein neues Thema für die Universität Freiburg”, stellt die Auditorin fest. Es gibt bereits Beratungsstrukturen und etablierte Forschung zum Thema. Daher sei es zunächst wichtig, vorhandene Maßnahmen zu sammeln sowie Schwachstellen festzustellen. Eine häufige Herausforderung sei die Barrierefreiheit: “Für die ganz alten Hochschulen ist das natürlich immer ein Thema.”
Alltag mit Umwegen
Im Südwesten ist der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg für bauliche Maßnahmen an den Universitäten verantwortlich. Der Freiburger Amtsleiter Ole Nahrwold erklärt: “Angesichts des sehr großen, teils historischen und denkmalgeschützten Gebäudebestands ist eine gleichzeitige umfassende Sanierung aller Gebäude auch finanziell und praktisch nicht möglich.” Zudem besteht bei Bestandsgebäuden keine rechtliche Verpflichtung, vollständige Barrierefreiheit nachzurüsten.
Bei Neubauten und Sanierungen berücksichtigt die Landesbauordnung jedoch Barrierefreiheit. Als Beispiel nennt Nahrwold die laufende Sanierung des Freiburger Kollegiengebäudes II.
Die Albert-Ludwigs-Universität ist sich der Herausforderungen in Sachen Barrierefreiheit bewusst: “Es ist der Universität Freiburg besonders wichtig, dass sie Menschen mit Behinderungen bestmöglich darin unterstützt, individuelle Lösungen zu finden”, so Bastian Strauch, Pressereferent der Hochschule. Er verweist auf die Anlaufstelle der Beauftragten für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung an der Universität Freiburg. Die Verantwortliche, Solveig Roscher, berichtet von mehr als 300 Beratungsanfragen im vergangenen Jahr.
Nils Stollenwerk ist Rollstuhlbenutzer. Der ehemalige Student der Universität Freiburg berichtet, welche Umwege er an der Hochschule in Kauf nehmen musste.
Obwohl das Audit an jeder Hochschule individuell verläuft, begegnet Zimmermann stets ähnlichen Hindernissen. “Ganz schwierig wird es, wenn die Hochschulleitung irgendwann das Interesse verliert”, sagt Zimmermann. Zusätzlich zur Hochschulleitung müssten sich auch die Hochschulmitglieder aktiv beteiligen. Wenn das Thema von Studierenden nicht als relevant wahrgenommen wird, könne das Audit nicht funktionieren. “Das habe ich allerdings noch nie erlebt”, berichtet die Auditorin.
Engagement für Vielfalt: das Regebogenreferat
Zahlreiche Studierende in Freiburg setzen sich aktiv für Vielfalt ein. Diego Contreras ist Sprecher des Regenbogenreferats, einer queeren Studierendengruppe. Er fordert, dass die Universität stärker auf die Anliegen der Studierenden eingeht.
Eine Gemeinschaftsproduktion von Julia Pfefferle, Hannah Thimmel, Ronja Kranzusch, Papazoglou und Marcus Hamm im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft. Seminarleitung, Redaktion: Ada Rhode, Andreas Nagel, Philip Thomas, Ragna Johansson, Alexander Schröder, Max Keefer.