Mit einem lauten Schlachtruf stürzt sich der Krieger auf die grollende Bestie. Nach schnellen Schwerthieben reckt er schließlich siegreich seine Klinge in die Höhe, das Blut der Bestie noch daran. Auch seine Verbündeten, die Hexenmeisterin, der Druide und der Mönch jubeln – immerhin haben ihre Charaktere diesen imaginären Kampf nur knapp überstanden.

Tatsächlich sitzt die Gruppe von Abenteurern an einem einfachen Holztisch, übersät mit Stiften, Papierbögen und Würfeln. Die Spieler*innen sind gemeinsam in die Welt der sogenannten Pen-and-Paper-Rollenspiele eingetaucht.
Schon klappern die Würfel wieder. Mit jedem Wurf und jeder Entscheidung formen die Spieler*innen ihre eigene Geschichte. Pen and Paper – auch Tabletop-Rollenspiele – sind Gesellschaftsspiele, mit denen Spieler*innen in eine fiktive Welt eintauchen und mit erdachten Charakteren imaginäre Abenteuer erleben.

Was ist Rollenspiel?

Holger Stockmeier, Inhaber des Rollenspielladens Kainskind in Freiburg, vergleicht Pen and Paper mit interaktiven Filmen. „Jeder kennt diese typische Szene in einem Horrorfilm: Der Star geht nach links und der Zuschauer weiß genau, dass dort der Mörder wartet“. Anders als im Film können Rollenspieler*innen solche Entscheidungen jedoch aktiv selbst treffen.

Stockmeier ist ein sogenannter Game Master. Seine Aufgabe als Spielleiter besteht darin, Gruppen die jeweilige Welt, Situationen und Herausforderungen aufzuführen. Die Spieler*innen schlüpfen in die Rolle von meist selbsterstellten Charakteren mit bestimmten Fähigkeiten und eigenen Hintergrundgeschichten. „Jeder lässt auch sein eigenes Ich in die Charaktere fließen“, erklärt Stockmeier.
Häufig verwendete Werkzeuge sind die namensgebenden Stifte und Papier, mit denen sich Spieler und Leiter Notizen machen sowie Charakterbögen, auf denen die besonderen Fähigkeiten notiert sind. Und natürlich Würfel. Damit wird entschieden, ob ein Charakter seine bestimmte Aktion erfolgreich durchführt oder nicht.

Im Gegensatz zu den meisten Brettspielen gibt es für Pen and Paper mehrere Regelwerke. Diese sogenannten Systeme dienen als Leitfaden für Partien. Einige legen den Fokus auf taktische Kämpfe, andere bevorzugen Erzählung und Charakterentwicklung.

Im uniCROSS-Podcast diskutieren die beiden Spielleiter Holger Stockmeier und Falk Scheidl verschiedene Spielsysteme wie „Dungeons and Dragons“ sowie „Das schwarze Auge“ und wie sich Pen and Paper in den vergangenen Jahren verändert hat.

Freiburger*innen gruseln sich

Auch in Freiburg gibt es eine aktive Pen-and-Paper-Szene. Organisiert ist sie etwa in Facebook-Gruppen, Clubs wie dem Rollenspiel Verein Freiburg sowie Brett- und Rollenspielläden wie FreiSpiel oder Kainskind. Im Breisgau besonders beliebt sind gruselige Szenarien. „Freiburger lieben Horror”, erklärt Lelith Riedel, die Kainskind gemeinsam mit Stockmeier leitet. Auch sie spielt seit Jahren Pen and Paper.

Im Video-Interview charakterisiert Fachgeschäft-Inhaberin Lelith Riedel die Freiburger Pen-and-Paper-Szene. Sie berichtet, dass neuerdings nicht nur Männer ihren Laden besuchen.

Während der Corona-Pandemie zogen sich Spielende zunehmend in den Online-Raum zurück. Statt über einen Tisch wurde via Webcam miteinander kommuniziert. Laut Stockmeier sind solche Online-Spiele nicht mehr aus der Branche wegzudenken, auch wenn er Partien in persona nach wie vor bevorzugt.

Zu wenig Spielleiter*innen

Riedel bemerkt stark gestiegenes Interesse in ihrem Geschäft. Das habe aber auch seine Schattenseiten: Zwar wollen immer mehr Leute in Spiele einsteigen und mit ihren Charakteren neue Welten entdecken, jedoch gibt es zu wenige, die diese Welten erstellen wollen. „Jeder sucht händeringend einen Spielleiter“ bedauert ihr Kollege Stockmeier.

Der Mangel an Spielleitern führe allerdings oft dazu, dass suchende Spieler*innen selbst zu Spielleitender*innen werden, da sonst keine Abenteuer zustande kommen. Auch Falk Scheidl wurde zum Game Master wider Willen. Der Andrang sei enorm: „Manchmal bekommst du 200 Bewerbungen, das ist absurd.“

Eine Gemeinschaftsproduktion von Lisa-Marie Bläsi, Emma Bastron, Miriam Strauss und Anika Leonhard im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft. Seminarleitung, Redaktion: Ada Rhode, Andreas Nagel, Philip Thomas.