Es ist wieder Klausurenphase und die meisten Studierenden lernen gerade viel. Bei einem Gang durch die UB fällt auf, dass die meisten Lernenden Kopfhörer tragen und Musik hören.

Ferdinand und Klaus haben Studierende gefragt:

Warum hörst du Musik beim Lernen, welche Musik konkret und warum genau diese?

Annika

Annika studiert Archäologie im 7. Semester

Ich höre Musik beim Lernen, weil ich mir einbilde, dass ich dadurch meine eigenen Gedanken ein bisschen übertöne. Das heißt, ich werde nicht so viel von mir selbst abgelenkt und es hilft mir dabei, mich zu konzentrieren. Welche Musik ich höre, kommt darauf an, was ich machen muss.

Wenn ich zum Beispiel etwas auswendig lernen muss, höre ich meist klassische Musik, dabei ist Vivaldi mein Favorit.
Wenn ich allerdings in einer Schreibphase bin, dann höre ich ganz viel Filmmusik, also Hans Zimmer oder so. Tatsächlich habe ich jetzt auch Gaming-Musik für mich entdeckt und zwar hauptsächlich „Endboss-Musik, weil ich mal gelesen habe, dass diese Musik extra dafür komponiert worden ist, die Spieler möglichst konzentriert und lange am Spiel zu halten.

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Marco

Marco studiert Medienkonzeption im 5. Semester

Musik lässt mich beim Lernen in einen Flow kommen, was mir hilft, die Zeit beim Lernen zu vergessen und alle anderen äußeren Einflüsse auszublenden, so dass ich mich dann wirklich nur noch aufs Lernen fokussieren kann.

Es gibt dabei ein paar unterschiedliche Genres, die ich höre, zum Beispiel Downtempo, Techno oder generell ziemlich langsame elektronische Musik, aber auch progressiven House. Das sind meist ziemlich monotone Rhythmen, die meist auch ohne Vocals sind. Ich finde, dass Vocals ziemlich ablenken und deswegen bleibe ich da ganz gerne bei ziemlich simplen Tönen und Rhythmen.

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Aljoscha mit Laptop

Aljoscha studiert Informatik im 7. Semester

Ich höre Musik beim Lernen, damit ich Motivation und Energie bekomme. Meistens höre ich dabei Musik in Richtung EDM, also Electronic Dance Music, oder irgendwas mit vielen Beats oder was schön laut ist.

Wilde Musik, wie EDM, höre ich vor allem, weil ich oft über mehrere Stunden arbeiten muss. Wenn ich sehr lange an einem Projekt sitze, gibt mir diese Musik Durchhaltevermögen und Kraft weiterzumachen.

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Antonia

Antonia studiert auf Lehramt griechische und katholische Theologie im 3. Master Semester

Musik beim Lernen hilft mir, weil ich dadurch das Gefühl habe, mich weniger ablenken zu lassen und meine Konzentration besser aufrecht erhalten zu können. Auch schafft es eine schöne Atmosphäre. Dann ist klar, solange die Musik läuft, wird gearbeitet.

Die Musik ist meist instrumental, vor allem klassische Musik. Dass ich diese Musik höre liegt auch daran, dass wir früher Zuhause auch immer viel Klassik gehört haben und das gibt mir dann ein sehr wohliges und vertrautes Gefühl. Das ist eine gute Voraussetzung für mich, um zu arbeiten.

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Luzia

Luzia studiert Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie im 7. Semester

Ich höre Musik beim Lernen, damit ich so viel Ablenkung habe, dass ich nicht von anderen Sachen abgelenkt werde und so wenig Ablenkung, dass ich mich trotzdem noch auf meine Arbeit konzentrieren kann. Ich würde sagen, es hilft mir dabei, mich zu konzentrieren.

Ich höre vor allem Elektro und House, weil das einen sehr starken und immer wiederkehrenden Rhythmus hat, der schön in den Hintergrund rückt. Sie muss aber auf jeden Fall ohne Gesang sein, weil mich das sonst schnell ablenkt. Ich finde. dass mir diese Musik gut dabei hilft, mich zu fokussieren und ich höre auch oft dieselbe Musik um mich dabei daran zu erinnern in einen Lernmodus zu gehen. Wenn ich Musik, höre, die mir besonders gefällt, dann pusht mich das auch oft regelrecht zum Weiterlernen.

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Katharina

Katharina studiert Kulturanthropologie und europäische Ethnologie im 9. Semester

Ich würde sagen das kommt ganz auf die Situation an. Ich finde, wenn man jetzt so nicht komplett laute Musik im Hintergrund anhat, dann unterdrückt das vor Allem die anderen Hintergrundgeräusche. Wo auch immer man ist, gibt es ja meist Hintergrundgeräusche die mich persönlich mehr ablenken als die Musik die ich dann höre.

Ich kenne viele Menschen die beim Lernen zum Beispiel Lofi-Beats im Hintergrund hören und das mache ich auch manchmal, es gibt aber auch Tage, wo ich super gerne Free-Jazz oder auch mal Krautrock im Hintergrund höre.

Ich würde sagen das kommt daher, dass meine Eltern in meiner Kindheit oft solche Musik im Hintergrund laufen hatten und mich das entspannt, wenn ich sowas höre. Kleine Geräusche die in der Musik vorkommen, helfen mir, mich zu konzentrieren, zu viele Lyrics lenken mich aber ab.

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Und was sagen Experten zum Musikhören beim Lernen?

Welche Musik am besten geeignet zum Lernen ist und wie sich das erklären lässt, verraten Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller, Neurologe und Prof. Dr. Georg Brunner Pädagoge, in den nachfolgenden Interviews.

Prof. Dr. Eckart Altenmüller ist einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Neurowissenschaften. Er hat in Tübingen, Paris und Freiburg Medizin und in Freiburg Musik studiert, er ist Facharzt für Neurologie und leitet seit 1994 das Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Herr Altenmüller

Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller ist Facharzt für Neurologie.

Herr Professor Altenmüller, welchen Einfluss hat Musik auf das Lernen?

Musik hat zwei große Einflüsse. Der Erste ist: Musik kann die Stimmung verbessern und wenn ich gute Emotionen beim Lernen habe, dann lerne ich schneller und besser. Zweitens kann Musik tatsächlich bestimmte Denkstrukturen und kognitive Strukturen verändern. Personen, die viel Musik hören, haben zum Beispiel ein besseres Arbeitsgedächtnis und wer Musik hört und Musik macht, kann besser Sprachen lernen.

Welche Erkenntnisse werden in der Forschung aktuell zum Thema „Musik hören beim Lernen“ thematisiert? 

Es gibt in der pädagogischen Forschung immer wieder Untersuchungen dazu, wie zum Beispiel Hintergrundmusik Schülerinnen und Schülern bei ihren Schulaufgaben unterstützen kann. Da ist im Wesentlichen gezeigt worden, dass die Hintergrundmusik zunächst einmal nicht zu ablenkend sein darf. Das heißt, die Musik muss leise sein und sie sollte bekannte Musik umfassen. Auch muss es Musik sein, die die Kinder und Jugendlichen mögen.

Grundsätzlich ist es so, dass alle sprachlichen Aufgaben, also zum Beispiel Vokabeln lernen, durch Hintergrundmusik gestört werden, denn das Gehirn verwendet überlappende neuronaler Schaltkreise für sprachliche und musikalische Verarbeitung. Die meisten non-verbalen Aufgaben, zum Beispiel Geometrie, Algebra, Kunst können dagegen von Hintergrundmusik profitieren.

Welche Musik ist aus ihrer Sicht dann besonders gut zum Lernen geeignet?

Das hängt mit der individuellen Musikbiographie zusammen. Es ist in erster Linie die Musik, die ich kenne und mag. Wie solche Musikvorlieben zustande kommen, ist aber sehr kompliziert. Da sind vor allem frühe Prägungen entscheidend und ganz wichtig sind auch die Peergroups, die so ab etwa dem Alter von zehn Jahren den Musikgeschmack sehr stark mitprägen.

Eltern prägen den Musikgeschmack hingegen vor allem in der Altersspanne vor zehn Jahren. Es gehört mit zur Aufgabe in der Adoleszenz, dass ein Jugendlicher oder eine Jugendliche seine beziehungsweise ihre eigene Musikrichtung findet. Das ist eine der Entwicklungsaufgaben und meist finden die Jugendlichen für sich selbst eine andere Musik als die der Eltern. Jugendliche definieren sich dabei sehr stark über ihre Musikvorlieben und die Peergroups sind stark dadurch geprägt, was Jugendliche gemeinsam hören. Das gilt auch noch für Studierende.

Gibt es je nach Aufgabe Musik, die besser oder weniger gut geeignet ist?

Wir sind ja sehr gut darin herauszufinden, was uns im musikalischen Sinn „gut“ tut. Das erleben Sie, wenn Sie zum Beispiel Autofahren und den Radiosender suchen, den Sie hören wollen und das erleben sie auch, wenn sie beim Lernen Musik hören.

Wenn ich sehr müde bin und eine Vorliebe für Rap habe, dann kann mich eine sehr rhythmische und aktivierende Musik wieder richtig „raufbringen“ und mich in eine geeignete Stimmung versetzt. Wenn ich hingegen sehr aufgeregt bin oder mich über irgendwas geärgert habe, dann kann mich eine beruhigende Musik wieder runterbringen und damit auch das Lernvermögen verbessern. Das nennt man ‚musikalisches Selbstmanagement‘, und wir haben da meist eine sehr gute „Intuition“ bei der Auswahl der Musikarten. Wir besitzen ein Gefühl dafür, welche Musik für uns in welcher Gelegenheit gut ist und können unsere Emotionen damit sehr gut steuern. Das beherrschen die meisten Kinder ab dem Alter von etwa elf, zwölf Jahren.

Viele Studierenden sagen, dass sie monotone Beats und Musik ohne Text bevorzugen.

Im Grunde genommen wird dabei eine emotionale Grundstimmung erzeugt, das Gefühl, irgendwie nicht ganz alleine zu sein, gleichzeitig ist es aber eben nichts, was die Aufmerksamkeit besonders stark belastet und zu sehr ablenkt. Die Emotion, die sie beim Hören von Musik haben ist nicht so intensiv wie, sagen wir „Trauer“, „Freude“ oder „Glück“, sondern es hat vor allem etwas mit Wachheit zu tun hat, mit ‚Arousal‘.

Eine Dimension der Emotionen ist ja, wie stark sie Wachheit, „Arousal“ produziert.  Und eine Erhöhung dieser Wachheit geschieht am besten durch die Musik, die wir mögen und kennen, und die bereits im Gedächtnis mit solchen aufmerksamen „Wachheitszuständen“ vermischt ist. Es wird dabei nicht auf so starke Emotionen abgezielt, die beispielsweise Tränen oder Gänsehaut erzeugen.

Den aktuellen Stand der pädagogischen Forschung zum Musikhören beim Lernen kennt Prof. Dr. Georg Brunner von der pädagogischen Hochschule in Freiburg.

Prof. Dr. Georg Brunner ist Prorektor für Lehre, Studium und Digitalisierung sowie stellvertretender Leiter des Instituts für Musik an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Seine Schwerpunkte in der Lehre, betreffen die Didaktik des Klassenmusizierens sowie die neuen Medien im Musikunterricht. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich Unterrichtsforschung als auch in der Musiksoziologie.

Herr Professor Brunner, welchen Einfluss hat Musik auf das Lernen?

Herr Brunner

Prof. Dr. Georg Brunner, Leiter des Musik-Instituts an der Pädagogischen Hochschule Freiburg

Tatsächlich hatte ich mit einem Kollegen aus der Erwachsenenbildung 2014 eine Masterarbeit betreut, bei welcher im Grunde genommen ebenfalls genau diese Frage gestellt wurde. Hier wurde mit Versuchsgruppen gearbeitet, die einen Test bearbeiten sollten, wobei die einen Musik gehört hatten und die anderen nicht. Letztendlich konnte hier allerdings kein wesentlicher Unterschied festgestellt werden.

Interessant hierbei war allerdings, dass die Selbsteinschätzung und Stimmung derjenigen, die Musik gehört hatten, positiver als bei der Vergleichsgruppe ausgefallen ist. Man weiß mittlerweile, dass sich Musik natürlich auf die Emotionen auswirkt und dabei durchaus eine positive Stimmung auslösen kann. Das kann dann natürlich auch das Lernen fördern.

Was ist der Stand der aktuellen Forschung hierzu?

Ende der 90er Jahre wurde von dem so genannten ‚Mozart-Effekt’ gesprochen. Hierbei wurde Probanden klassische Musik von Mozart vorgespielt, wobei sie unterschiedliche Aufgaben zur visuell-räumlichen Verarbeitung erledigen mussten. Eine zweite Gruppe erledigte dieselbe Aufgabe mit anderer Musik und eine dritte ohne Musik. Hierbei wurde festgestellt, dass bei der Gruppe mit der klassischen Musik die Fähigkeit zur Aufgabenbewältigung erhöht worden ist.

Damals wurden der Musik dadurch ‚Transfereffekte‘ zugeschrieben, also Auswirkungen in anderen Bereichen als Musik. Von dieser Annahme hatte man sich daraufhin in zahlreichen Folgestudien allerdings eher wieder distanziert. Soll bedeuten, wenn ich jetzt zum Beispiel Musik von Mozart höre, werde ich dadurch vielleicht „besser“ in Musik, aber nicht automatisch intelligenter. Nichtsdestotrotz haben Studien in Folge des Mozarteffekts gezeigt, dass Musik im Allgemeinen durchaus positive Auswirkungen auf die Leistung haben kann.

Eine relativ neue Untersuchung aus der angewandten Informatik, die 2020 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin entstanden ist, hat die Frage vor kurzem nochmals in den Blick genommen. 90 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig Musik zum Lernen zu hören. Und die Studie kommt natürlich ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Musik durchaus die Motivation zu lernen und damit die Leistung erhöhen kann.

Was man aber berücksichtigen muss ist, dass es hierbei aber stark auf die Musikauswahl ankommt. So wurde festgestellt, dass Musik, die Gesang enthält, für die meisten eine eher ablenkende Wirkung hat, es sei denn, der Gesang wurde bereits in dem Maße verinnerlicht, dass dieser für die jeweilige Person in den Hintergrund rückt und folglich keine ablenke Wirkung mehr hat.

Unsere Umfrage unter den Studierenden ergab, dass klassische und ruhige elektronische Musik mit Abstand die am häufigsten genutzten Genres waren. Was würden Sie sagen, welche Musik ist besonders gut zum Lernen geeignet?

Die meisten Studien ergeben, dass Musik genutzt werden sollte, die einen positiven, deaktivierenden Emotionszustand auslöst, also Zufriedenheit hervorruft und dabei eine stressreduzierende Wirkung hat. Insofern decken sich diese Ergebnisse auch gut mit ihren Ergebnissen.

Man weiß mittlerweile, dass die emotionale und stressreduzierende Wirkung von Musik aber sehr individuell ausfällt und abhängig von den unterschiedlichen Vorlieben ist. Es lässt sich hierbei also nur wenig pauschalisieren.

Außerdem ist die Antwort auf die Frage, wie sich Stimmungen letztendlich durch Musik beeinflussen lassen, stets abhängig davon, wie jemand mit seinen Gefühlen umgeht. Man spricht hierbei von ‚Mood-Management‘. Nehmen wir mal an, jemand ist in einer traurigen Stimmung, welche Art von Musik braucht diese Person dann, um hier wieder herauszukommen? Das lässt sich nicht verallgemeinern, also das kann entweder das Gegenteil, also fröhliche Musik, oder aber zum Beispiel auch traurige oder melancholische Musik sein.